Die Säulen der Erde: Mittelalter XXL im Monumental-TV
30 Millionen Euro, 6000 Statisten, acht Stunden Monumental-TV: Die Münchner Firma Tandem Communications produzierte den internationalen Vierteiler und riskierte dafür die Pleite.
Wilde Reiterhorden preschen mit Schwertern und Fackeln über den Marktplatz von Kingsbridge und strecken jeden nieder, der sich ihnen in den Weg stellt. Sie kommen im Auftrag des skrupellosen Bischofs Waleran (Ian McShane), der nur ein Ziel verfolgt: Er will Kingsbridge vernichten: Denn dort soll eine Kathedrale entstehen, wie sie die Welt noch nicht gesehen hat. Immer wieder gerät der große Traum der aufrechten Männer, Steinmetz Tom Builder (Rufus Sewell) und Kirchenmann Prior Philip (Matthew Macfadyen), in Gefahr. Unterstützt werden sie von der rebellischen Außenseiterin Ellen (Natalia Wörner) und deren Sohn Jack (Eddie Redmayne).
Auch Rola Bauer hatte einen großen Traum. Vor 16 Jahren hat sie Ken Folletts Weltbestseller „Die Säulen der Erde“ (siehe Kasten) zum ersten Mal gelesen. Seitdem lässt sie die Mittelalter-Saga, die im 12. Jahrhundert spielt, nicht mehr los. Und die 47-jährige Produzentin schaffte, was kaum einer für möglich hielt: Vor zwei Jahren sicherte sie sich mit ihrer Münchner Firma Tandem Communications die Rechte, nach denen ganz Hollywood gierte.
Follett wusste immer: Seine Geschichte darf niemals in nur zwei Stunden erzählt werden. Acht TV-Stunden machte Rola Bauer daraus. Über 20 Jahre nach Erscheinen des Bestsellers zeigt Sat1 nun in vier Teilen das gigantische Ergebnis, das 30 Millionen Euro verschlungen hat.
Die Verfilmung ist eine der aufwändigsten Fernsehproduktionen der Geschichte, alle gängigen Maßstäbe wurden hier gesprengt. Auf einem rund 20000 Quadratmeter großen Feld in der Nähe von Budapest entstand das Set. 120 Menschen arbeiteten sechs Wochen lang allein am Marktplatz, auf dem sich später bis zu 6000 Statisten tummeln sollten.
Sogar eine echte Kathedrale wurde gebaut – sieben Meter hoch. Den Rest zauberten die Visual-Effects-Experten dazu. 350 Crewmitglieder mussten 120 Drehtage überstehen. Drei Kameras waren immer gleichzeitig im Einsatz, 50 Einstellungen wurden am Tag gedreht. Höchstens 20 sind es bei einem normalen Film.
Eines war von Anfang an klar: So ein Mammutprojekt ist nur mit Koproduzenten zu stemmen. Mit German Free TV, Muse Entertainment und Scott Free Production fand Bauer gewichtige Partner. Seit 1999 managt sie mit ihrer Firma hochkarätige internationale Produktionen. „Dune - Der Wüstenplanet“ gehört zu ihren Erfolgen, ebenso „Die Nibelungen“ mit Benno Führmann und die Nora-Roberts-Reihe, die in der ARD lief.
„Bei ,Säulen der Erde’ standen in vorderster Reihe aber immer wir“, betont Bauer. „Die Finanzierung haben wir regelrecht zusammengebastelt.“ Sogar mit der eigenen Hausbank sei sie eingestiegen. Ein Flop hätte das Aus ihrer Firma bedeutet. Heute gesteht sie: „Ich hatte viele schlaflose Nächte.“
Inzwischen schläft Bauer wieder gut, denn in den USA, Spanien, Italien und England lief das Epos bereits mit großem Erfolg. Sie erzählt stolz: „Insgesamt ist die Serie in 172 Länder verkauft.“ Jetzt hat Bauer bereits das nächste Groß-Projekt in Planung: Follett gab ihr den Zuschlag für die Rechte an der Fortsetzung „Die Tore der Welt“, das Drehbuch steht schon.
Neben den Deutschen Natalia Wörner (siehe Interview rechts) und Götz Otto wurden für „Die Säulen der Erde“ vor allem internationale Schauspieler verpflichtet. Anatole Taubmann, Ian McShane („Sexy Beast“), Rufus Sewell („Ritter aus Leidenschaft“) oder Matthew Macfadyen („Stolz und Vorurteil“) dürften nur eingefleischte Cineasten kennen – bis jetzt. Und auch ein Altmeister gibt sich die Ehre: Donald Sutherland spielt den Grafen Bartholomäus.
Sat1 hofft, dass die Begeisterung für opulent inszenierte Mittelalter-Spektakel weiter anhält. Der Hype hat Sat1 gerade erst einen Mega-Quoten-Hit beschert: Fast zehn Millionen Zuschauer sahen im Oktober „Die Wanderhure“.
Angelika Kahl
Sat1, Montag, 20.15 Uhr
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