Die Musik macht den Film

Für seine politischen Lieder ist er bekannt. Der endgültige Durchbruch gelang ihm 1977 mit dem Album „Genug ist nicht genug“.Was nicht alle wissen: Konstantin Wecker hat für viele TV- und Filmproduktionen die Musik geschrieben.
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Für seine politischen Lieder ist er bekannt. Der endgültige Durchbruch gelang ihm 1977 mit dem Album „Genug ist nicht genug“.Was nicht alle wissen: Konstantin Wecker hat für viele TV- und Filmproduktionen die Musik geschrieben.

Serien wie „Kir Royal“ und „Kriminal-Tango“ untermalte er musikalisch, auch Filme wie „Schtonk“, „Apollonia“ oder „Gipfelsturm“. Die Filmmusik zur ARD-Komödie „Alles was recht ist“ stammt ebenfalls von Wecker.

AZ: Herr Wecker, Sie machen seit Ende der 70er Jahre Filmmusik. Wie arbeiten Sie da?

KONSTANTIN WECKER: Manchmal, wenn ich den Regisseur gut kenne, entwickelt man zur Idee schon eine Melodie. Mein Freund Bernd Fischerauer zum Beispiel will oft vorher schon eine Musik haben, die ihn dann während des Drehs inspiriert. Meistens ist der Film aber schon fertig, wenn ich dazukomme.

Wie war es bei „Alles was recht ist“?

Da muss ich zuerst mal sagen: Es hat mich überrascht, aber das ist wirklich ein intelligenter und witziger Fernsehfilm geworden, davon gibt’s ja nicht so viele. Der Regisseur ist Opernsänger, er versteht also viel von Musik. Das kann sehr unangenehm sein, in diesem Fall war’s aber gut. Da habe ich im Beisein des Regisseurs viel am Klavier improvisiert, das mache ich sowieso am liebsten. Das ist fast wie früher bei den Stummfilmen.

Was kann Filmmusik erreichen?

Wenn ich mit meiner Frau einen Film anschaue und sie danach auf die Musik anspreche, sagt sie meistens: Ist mir gar nicht aufgefallen. Filmmusik befördert Emotionen, im besten Falle ohne dass es dem Zuschauer bewusst ist. Als Filmkomponist muss ich den Film verwirklichen, nicht mich.

Ein bisschen undankbar?

Das kann undankbar sein. Aber ich mache ja genug andere Dinge. Mir macht Filmkomposition trotzdem einen irrsinnigen Spaß. Wer jemals einen Film ganz ohne Musik gesehen hat, wird verstehen, was für eine große Rolle die Filmmusik spielt. Leider wird in Deutschland die Filmmusik finanziell stiefkindlich behandelt – in den USA wird oft mit großen Orchester gearbeitet.

Haben Sie ein Vorbild?

Nino Rota, der mit Fellini gearbeitet hat – das ist das Non- PlusUltra.

Wann ist Filmmusik gut?

Das ist schwer zu sagen. Man sollte das Gefühl in der Szene intensivieren, aber nicht interpretieren. Und man darf auf keinen Fall etwas vorwegnehmen. Das sieht man öfter in Serien mit typischer Billigmusik: Die machen musikalisch schon auf Spannung, wo die Szene noch gar nicht spannend ist. Bei Hitchcocks „Frenzy“ gibt’s ein schönes Gegenbeispiel: Wenn der Mörder wieder zum Morden geht, kommen eben nicht leichtes Schlagzeuggebrummel und tiefer Synthesizer, sondern eine zarte Cellomelodie – das erzeugt wesentlich mehr Spannung, als das Klischee.

Ihre „Kir-Royal“-Titelmelodie gilt noch heute als die ultimative Schicki-Micki-Musik.

Das hab ich eigentlich Helmut Dietl zu verdanken. Wir hatten schon die Musik für alle Folgen, nur die Titelmusik fehlte. Alles, was ich ihm vorgeschlagen habe, hat ihm nicht gefallen. Helmut Dietl hat immer nur gesagt: „Des is ned lustig.“ Ich war verzweifelt, habe schon von Kir Royal geträumt. Zwei Tage vor der Endabnahme durch den WDR bin ich morgens aufgewacht, hab ihn angerufen und gesagt: Das ist die letzte Idee, die ich habe, hab’ ihm das Thema vorgepfiffen und er schreit: „Des is’!“ Dietl hat wenig Ahnung von Musiktheorie, aber er weiß ganz genau, was er für seine Filme will.

Sie haben auch die Musik von Jo Baiers neuen Valentin- Film gemacht.

Das war eine sehr schöne Arbeit. Jo Baier ist Musik sehr wichtig. Am Anfang, als Valentins Leben noch etwas glücklicher ist, arbeiten wir mit mehr Orchester, mit Streichern und Holzbläsern und dem Stil der 20er Jahre. Je mehr es dem Ende zugeht, desto karger wird die musikalische Besetzung. Es ist ja eine menschliche Tragödie und da wollten wir auf keinen Fall kitschig werden.

Welchen Bezug haben Sie zu Karl Valentin?

Einen sehr großen. Mein erster Sohn heißt Valentin und das ist durchaus auch aus Verehrung für Karl Valentin entstanden. Er zeigt die Tragödie der einfachen Menschen, aber ohne sie auszulachen. Jo Baier hat da einen wunderbaren Film gemacht. Und ehrlicherweise muss ich sagen: Die beste Filmmusik bringt gar nichts bei einem schlechten Film.

Tina Angerer

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