Die leise Komik der romantischen Sehnsucht
Das Münchner Theaterfestival SpielArt startete mit "La mélancolie des dragons" von Philippe Quesne. Da bleibt eine Band von Altrockern mit Autopanne in einem Schneefeld stecken und träumt sich einen Freizeitpark zurecht.
Die Dragons sind eine Band von Altrockern, die mit ihrem klapprigen Citroen in einem Schneefeld liegen bleiben – Panne. Die sechs Herren in Lederkluft mit wirren Langhaarperücken trinken Bier, essen Chips, hören Musik von Chansons bis Wagner und natürlich Rock. Was sie reden, hört man nur in Fetzen, der Ton bleibt als Klangteppich bewusst unter der Verständlichkeitsgrenze.
Regisseur Philippe Quesne und seine Gruppe Vivarium Studio aus Paris siedeln „La mélancolie des dragons“ in einem einsamen Niemandsland an, wo sich reale Tristesse und surreale Visionen schwebend mischen. Einer zu Hilfe geeilten Besucherin zeigen die Rocker in Echtzeit ihre Attraktionen des Freizeitparks, den sie hier aufziehen wollen. Die sind so schäbig wie anrührend: ein Zimmerspringbrunnen, riesige Luftkissen, Seifenblasen. Nebel- und Windmaschinen, Kunstschnee für Skifahrer. Im verglasten Anhänger-Container wiegen sich sieben Perücken im Ventilatorwind, man posiert unter bunten Projektionen und die Besucherin findet alles magisch.
Inspiriert von Dürers Kupferstich „Melencholia I“ und Caspar David Friedrichs Gemälde „Wanderer über Nebelmeer“ findet Philippe Quesne erstaunliche, ganz unaufgeregte Bilder für die romantische Sehnsucht nach dem Wunderbaren, die sich mit leiser Komik an der tristen Wirklichkeit bricht. Und der Hund Hermés, der in allen Inszenierungen von Quesne mitspielt, verknüpft die Theaterfiktion mit dem Hier und Jetzt. Zusammen mit „Void Story“ (siehe unten) ein spannender Start des Münchner Theaterfestivals SpielArt.
Gabriella Lorenz
- Themen: