Die Lebensgeschichte des gescheiterten Lohnschreibens
Sigi Zimmerschied in der Lach- und Schieß mit „Lachdichter“, dem neuen Programm
Dass die Medien immer dümmer werden, ist eine These, über die sich trefflich streiten lässt. Da die Frage, ob denn schon alles gesagt wurde, aber eben noch nicht von allen, das Kabarett noch nie interessiert hat, lässt Sigi Zimmerschied sein neues Programm „Lachdichter“ im Gewand der Medienkritik daherkommen: „Wenn das Fernsehen versucht, Komödienstadl und Aufklärung zu verbinden...“
...ja, was passiert dann? Dann versucht der Autor, sich beim Medium irgendwie zu prostituieren, nachdem er schon in den 70ern feststellte, dass maximal ein kritischer Tierfilm okay ist und in den 80ern auch kein Platz für „ein langsam erzähltes Roadmovie“ war. Stets sitzt da ein Beamtenredakteur (mit einem „Kopf ein gekochtes Ei – glänzende Hülle, wachsweicher Inhalt“), tritt nach unten, buckelt nach oben und verhindert Geniestreiche.
So wandert Zimmerschied durch eine wohl halbfiktionale Lebensgeschichte des gescheiterten Lohnschreibens, bis er in der BR-Gegenwart von „Dahoam is Dahoam“ landet: „Ein Publikum unter 16 und über 60, also zwischen Infantilismus und Demenz.“ Er, der wie immer buchstäblich wortgewaltige, vergisst nicht, auch seinem eigenen Publikum eine „schöne Grundverlogenheit“ zu attestieren und nimmt in Kauf, als „Rabiat-Schnellsprecher“ mindestens von einigen „Scheißpreißn“ teilweise idiomatisch nicht verstanden zu werden.
Das Ergebnis: „Die formale Zensur hat die inhaltliche überholt.“ Gut, das musste mal gesagt werden, aber warum dann fast ausschließlich mit dem BR als Zielscheibe? Tickt die Medienwelt inzwischen nicht längst ganz woanders? Doch Zimmerschied sagt zu seinen Gästen: „So fühlt man sich, wenn man abgelehnt wird“, und geht von der Bühne. Nach gerade zwei mal 35 Minuten Auftritt war das in mehrerer Hinsicht knapp gehalten.
Michael Grill
Bis Sa in der Lach- und Schießgesellschaft. Dann in der Drehleier (19.1. - 23.1.), im Oblomow (9.2. - 10.2.) und im Fraunhofertheater (18.2. - 20.2.)
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