Die Lage ist sehr ernst, aber auch ziemlich heiter
Das neue Programm der Kabarettistin Lisa Fitz im Theaterzelt „Das Schloss“
Wer zum großen Rundumschlag ausholt, trifft nicht immer. Aber die Chancen für einen Treffer wachsen. Mit einer schier unglaublichen Souveränität führt uns Lisa Fitz durch die Minenfelder dieser Welt, von einer sensationellen Katastrophe zur nächsten, und kann uns dennoch ein bisserl beruhigen. Denn viele Aufreger sind selbstgestrickt und von den Medien zielstrebig gedüngt. Denn es gibt immer je- manden, der von ihnen profitiert.
Die Premiere ihres Programms „Super Plus, Tanken & beten“ im Schloß führte also geschickt durch Höhen und Tiefen, Auf- und Abreger, Nachdenkliches und Witziges. Natürlich wird kein Mißstand mit kabarettistischer Spitzfindigkeit behoben, doch die Angst davor wird kontrollierbarer. Und wenn uns Lisa Fitz charmant über Hintergründe und Verbindungen aufklärt, fällt es einem wie Schuppen von den Augen.
„Cui bono?“ – Wem nützt es was, wenn wir uns heute vor Gammelfleisch, morgen vor der Vogelgrippe und übermorgen vor Feinstaub fürchten? Genau hinschauen und nachfragen! Und schon ist der Aufreger nur noch halb so aufregend, das Drama nur noch halb so dramatisch. Und wenn nicht, dann zumindest nicht mehr ganz so diffus und Angst einflößend. „Denn es ist schwer“, so die Fitz, „jemanden hinters Licht zu führen, dem es schon aufgegangen ist.“
„Super Plus“ reiht sich wohl als das politischste Programm in das Gesamtwerk von Lisa Fitz ein. Doch man darf auch immer wieder kräftig ablachen. Lisas Kampf mit dem Fahrtenbuch ihres Dienstwagens kann jeder Freiberufler nachempfinden; ihre überschaubare Sympathie dem Finanzamt und seinen Angestellten gegenüber wohl genau so. Doch gleich wieder zurück zur Ernsthaftigkeit, zum Hunger in der Welt, zur Globalisierung und ihren Folgen. Andererseits schmerzt das Gewicht des eigenen Heiligenscheins manchmal schon schwer; und die neuen Kroko-Stiefel locken.
Direkt entlarvend und bissig geht sie sowohl am Anfang als auch am Ende des Abends auf das Thema Körperkult ein. Einmal über das Thema Übergewicht, besonders bei Kindern, dann über Schönheitsoperationen und ihre lächerlichen bis grotesken Folgen. Und auch hier stellt sich die Frage: Cui bono, wer verdient daran? Gäbe es einen Oscar für die am besten gespielte Grimasse nach der dritten Operation, Lisa Fitz hätte ihn sich verdient.
Überraschend dann kurz vor der Zugabe das Credo der 57jährigen Künstlerin, ein Bekenntnis zur Liebe an sich, sanft und fast schon demütig, tolerant und versöhnlich. Lisa Fitz, chic im Hippie-Outfit und mit wunderschön naiv bemalter Gitarre, schärfer und schlauer denn je, hat wohl nach diversen Ausflügen zu den Wurzeln ihrer Gefühlswelt zurückgefunden. Nicht immer, aber immer öfter.
Arno Frank Eser
Theaterzelt Das Schloss, bis 6.12., Tel. 14 34 08-0
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