Die Französische Revolution als Zickenkrieg
Sie war dabei, als 2011 das Adlon in die Luft flog. Und jetzt muss sie sogar mitansehen, wie eine ganze Epoche implodiert. Diane Kruger, lange Zeit als hübsches, aber mäßig talentiertes Model verschrieen, hat sich auf der Berlinale zu einem echten Superstar gemausert.
Im letzten Jahr unterstützte sie als patente Taxifahrerin noch tatkräftig Liam Neeson im actionreichen Abschlussfilm „Unknown Identity”. Jetzt verliert sie im Berlinale-Eröffnungsfilm „Les adieux à la reine” als frivol-ängstliche Königin Marie Antoinette nicht nur sprichwörtlich den Kopf. Allerdings steht sie nicht im Zentrum des zwischen dem 14. und 17. Juli 1789 spielenden Kammerspiels.
Benoît Jacquot erzählt seinen Historienfilm konsequent und mutig aus der Sicht der Antoinette-Vorleserin Sidonie. Der französische Arthaus-Filmer verzichtet in seiner Literaturverfilmung auf gängige Genretricks, die dem Zuschauer das Verständnis der historischen Situation erleichtern könnten. Keine Texttafel wird eingeblendet, und der Erzähler bleibt stumm. Stets verharrt Jacquots intimes Drama in den Mauern von Versailles. Von der Französischen Revolution, die draußen tobt, bekommt man optisch nichts mit und inhaltlich nur soviel, wie Sidonie erfährt. Jacquot geht es in seinem auf die Einheit von Zeit und Ort geeichten Vierakter um die Kommunikation, bzw. den Mangel davon.
Als Diener kann man sich das nötige Wissen über die Ereignisse, die das eigene Leben bedrohen, nur mit vielen Tricks verschaffen. In ständiger Wiederholung und begleitet von einer fiebrigen Wackel-Kamera sieht der Zuschauer Sidonie dabei zu, wie sie wie ein Geist durch die Gänge schleicht, um die nötigen Infos zu erlauschen oder sie sich im Tausch zu besorgen. Das ist auf Dauer trotz der hervorragenden Zahnlücken-Schönheit Léa Seydoux als Sidonie ermüdend. Vielleicht hat Jacquot den Film auch deswegen mit historisch fragwürdigen Lesben-Anspielungen aufgepeppt. Aber mit einer Ménage à trois – die Königin liebt eine Herzogin, während Sidonie wiederum der Königin verfallen ist – degradiert er die Revolution und die gesellschaftlichen Auswirkungen zum Randereignis im Zickenkrieg.
Gar nicht zickig zeigte sich Barbara Sukowa bei der Pressekonferenz der Berlinale. Auf die Frage, wie sie zu den Jury-Weihen komme, meinte sie zum Amusement ihrer Kollegen Jake Gyllenhaal, Anton Corbijn und Präsident Mike Leigh trocken, dass man im Alter weniger Rollen angeboten bekäme, deswegen Zeit für die Jury hätte.
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