Die Farbe schwebt

Überwältigend: Die Mark- Rothko- Retrospektive der Hypo- Kunsthalle ist eine eindringliche Reise durch Leben und Werk des Künstlers.
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Überwältigend: Die Mark- Rothko- Retrospektive der Hypo- Kunsthalle ist eine eindringliche Reise durch Leben und Werk des Künstlers.

Die Leinwand atmet – und beinahe meint man zu sehen, wie Blut im Körper des Bildes pulsiert. Die Fläche wird plastisch und die Farbe beseelt. Die abstrakten, aber nie gegenstandslosen Gemälde von Mark Rothko (1903 – 1970) gehören zu den Ikonen des 20. Jahrhunderts und erzielen auf dem Kunstmarkt Höchstpreise, zuletzt 2007 stolze 73 Millionen Dollar.

Die großartige Retrospektive in der Hypo-Kunsthalle – die erste seit 20 Jahren in Deutschland – führt nun umfassend das Werk des großen amerikanischen Malers vor, der von seinen figurativ-surrealen Anfängen über flirrende Farbflecken und „Multiforms“ zum Rothko-Klassiker fand: subtil komponierte Großformate, mal farbensatt flimmernd, mal ätherisch-pastellig, mal in erdigem Kolorit. Dank der Fülle an hochkarätigen internationalen Leihgaben, 67 Gemälde und 42 Papierarbeiten nicht zuletzt aus dem Besitz der beiden Rothko-Kinder, wird der Weg durch die neun Räume der Schau zu einer eindringlichen Reise durch Leben und Werk des Künstlers.

Geboren 1903 im damaligen Russland als Mark Rothkowitz, wanderte die Familie 1910 in die USA aus. Nach dem Studium in Yale und New York suchte Rothko mit seinen Kollegen Barnett Newman und Clifford Still eine Kunst zu finden, deren Form auch im Angesicht der Schrecken des 2. Weltkrieges Gültigkeit behalten konnte. „Ich bin kein abstrakter Maler“ hat Rothko selbst über sich gesagt, und das ist in der Anschauung vollkommen nachvollziehbar. Denn nicht nur, dass er seinen Bildproportionen stets menschliches Maß zugrundelegte. Das beweist seine theoretische Auseinandersetzung mit der italienischen Renaissance, insbesondere mit dem Homo Vitruvianus von Leonardo. Was die malerische Qualität seiner Gemälde betrifft, so sprach Rothko tatsächlich von „Durchatmetheit“.

Darum vermögen seine glimmenden Farbakkorde es auch, den Weg ins Innerste des Betrachters freizugeben, rufen starke Emotionen wach. Rothko wünschte sich, dass Bild und Betrachter in diesen Dialog treten – andernfalls wäre die Betrachtung sinnlos.

Mit seinem Erfolg auf dem Kunstmarkt, der sich schon zu Lebzeiten auf ihn stürzte, kam Rothko nicht zurecht. Seine fragile Malerei war vom materiellen Erfolg abgekoppelt. So kaufte er etwa die Wandbilder, die er 1958 als Auftragsarbeit für das Restaurant des New Yorkers Seagram Building schuf, lieber zurück, als dass er sie dem ihm schließlich unpassend profan erscheinenden Ambiente auslieferte.

Denn seine mitunter wie Fresken wirkenden Gemälde, in denen die Farbe immateriell scheint, sind Ausblicke in eine andere Welt.

Schwer auszuhalten ist diese Transzendenz dann in der letzten Phase von Rothkos Kunst. In den Jahren vor seinem Selbstmord im Alter von 69 Jahren fand eine erschütternde Verdunkelung seiner Palette statt: zunehmend düstere Violetttöne, dissonante Farben. Zuletzt dann Endzeitstimmungen in Schwarz, Braun und Grau. Und plötzlich ist dort ein Horizont. Roberta De Righi

Bis 27. April, täglich 10 bis 20 Uhr; Katalog 25 Euro

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