Die Diva im Schwülen
Ulrich Drechsler kommt von der Bassklarinette nicht los. Warum auch? Die bodenständige Lady hamoniert prima mit Celli und Schlagzeug – das jedenfalls ist heute in der Unterfahrt zu hören
Für die meisten Holzbläser ist sie zweite oder dritte Wahl – trotz ihres starken Charakters. Bestenfalls eine Handvoll Jazz-Instrumentalisten haben sich der Bassklarinette verschrieben: der Franzose Thomas Savy etwa, der Berliner Franke Rudi Mahall, der Amerikaner Jason Stein. Und Ulrich Drechsler, ein Schwabe, der seit 1998 in Wien lebt und als Gründer des Kult-Trios „Café Drechsler“ zu einigem Ruhm kam.
„Mir reicht ein Instrument“, sagt der studierte Saxofonist, der sein Tenor seit einigen Jahren im samtausgeschlagenen Koffer ruhen lässt. „Die Bassklarinette ist eines der seelenvollsten Instrumente überhaupt. Sie symbolisiert Erde, Basis, Bodenständigkeit.
Wie ein launischer Hefeteig
Aber sie ist eine launische Diva. Wenn es schwül-heiß ist, geht sie auf wie ein Hefeteig und lässt sich schwer kontrollieren“, stöhnt der 41-Jährige, der kein einziges Vorbild unter seinen Kollegen benennen kann. „Ich habe Platten von allen namhaften Bassklarinettisten – es ist keiner dabei, mit dem ich wirklich etwas anfangen kann. Dabei habe ich die größte Hochachtung etwa vor Louis Sclavis. Er ist ein technischer Oberweltmeister. Aber ich könnte nie spielen wie er. Klangliche Inspirationen hole ich zu achtzig Prozent von Pianisten.“
Drechsler, der mehr Wert auf Klanggestaltung und Tonkultur als auf Fingerübungen legt, hat zuletzt die Bassklarinette auf zwei Celli gebettet. „Das große Problem war, dass sich die Instrumente alle in einem ähnlichen Frequenzbereich bewegen.“ Doch wer das wunderbar stimmige Album „Concinnity“ (enja/edel Kultur) hört, kann sich über mangelnde Transparenz nicht beklagen. Bassklarinette, Kniegeigen und Schlagzeug bewegen sich mal gedankenverloren, mal beschwingt durch eine Klangwelt, in der sich kammermusikalischer Jazz, Folkloristisches, klassische Referenzen sanft umkreiseln. „Es ist ein riesengroßer Mischmasch“, sagt Drechsler. Aber einer, in dem alle Ingredienzen bestens miteinander auskommen.
Ssirus W. Pakzad
Unterfahrt, Einsteinstraße 42, heute, 21 Uhr, Eintritt: 16 Euro, Mitglieder 8 Euro; Tel. 44 82 794