Die Biotope müssen bleiben!

Von Orten der Bier- und Menschenpflege: In seinem ersten Buch „Altstadtrebellen“ verrät Kabarettist Andreas Giebel, wie und wo München noch ein wohliges Dorf ist
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Von Orten der Bier- und Menschenpflege: In seinem ersten Buch „Altstadtrebellen“ verrät Kabarettist Andreas Giebel, wie und wo München noch ein wohliges Dorf ist

Wenn die Zielstrebigen und Gesunden rausfahren und auf Berge rennen, dann ist für Hubert München am schönsten. Und für Andreas Giebel auch. Der Kabarettist hat Hubert geschaffen und die vielen anderen Neben- und Antihelden, die in seinem ersten Buch „Altstadtrebellen“ ziellos in dieser Stadt leben. Giebel hat Figuren, die es auch in seinen Programmen gibt, vorhandenes Material und neue Geschichten zu einem Episodenbuch über München gemixt. Ein Großstadtroman, erzählt in kleinen Geschichten.

Zentrales Organ ist die Stammwirtschaft. Für die einen ist das Lucies Kneipe, die sogar Lucies Umzug in ein Industriegebiet mitgemacht haben. Für die andern ist es das Café Nymphenburg am Viktualienmarkt, wo die Gespräche vom Wesen der Dinge ablaufen, inmitten der shoppenden Masse. „In der Stammwirtschaft kann man die Großstadt zum Dorf machen“, sagt Giebel der AZ.

Daheim ist daheim

Auch Giebel gehört zu denen, die in Wirtschaften daheim sind, den Orten der „Bierpflege und Menschenpflege“ wie er sagt. „Meine Stammwirtschafts-Sehnsuchts-Atmosphäre ergibt sich sicher auch daraus, dass ich so viel unterwegs bin“, sagt Giebel. Wenn er irgendwo Auftritte hat, dann sucht er sie auch dort, diese Orte, wo seine Helden sein könnten.

So wie Placebo, der seinen Spitznamen hat, weil er seine Sätze mit „Ich weiß nicht, ob ich’s mir einbilde, aber...“ beginnt. Oder Chosy, der nach einer erfolglosen Paartherapie seine Persönlichkeit verloren hat und vorrangig in Filmzitaten spricht, besonders gerne im Robert-De-Niro-Ton, allerdings nur in dem von De Niros Synchronstimme.

Ein Aufschrei

Und natürlich Hubert, den seine Freundin rausgeschmissen hat, weil er, um Beziehungsgesprächen zu entgehen, immer befreundete Ehepaare eingeladen und bekocht hat. Und dann beim Einkaufen für die Koch-Arie im Café Nymphenburg hängengeblieben ist und danach betrunken das hungrige Ehepaar beschimpft hat. Was all seinen Helden gemeinsam ist: Sie suchen nach dem Glück. Auf welchem Weg, wissen sie selbst nicht so genau. Aber am Ende findet Hubert immerhin eine Haltung zum Glück, die ihn nicht unglücklich macht.

Giebels Buch ist auch eine manchmal nostalgische Hommage an die kleinen Biotope in München. „Ich glaube, es gibt sie immer noch“, sagt Giebel. „Und mein Buch ist ein kämpferischer Aufschrei meinerseits für den Erhalt dieser Biotope.“

Heute stellt Giebel „Altstadtrebellen“ um 20.30 Uhr bei Hugendubel am Marienplatz vor. „Aus einem Buch vorlesen – das ist für mich ungewohnt“, sagt er. Wer Giebel von der Bühne kennt, kann sich schwer vorstellen, dass er sich ganz aufs Lesen beschränken wird. Denn schließlich leben seine Figuren nicht nur auf Papier, sie sind alle in ihm drin.

Tina Angerer

Andreas Giebel: „Altstadtrebellen“ (Blessing, 224S., 19.95 Euro)

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