Dezenter Jubel für Anne-Sophie Mutter
Anne-Sophie Mutter dominierte mit grandios selbstverständlicher Kraft, erlaubte sich aber auch immer wieder Oasen der Ruhe, in denen die Musik - ein wenig theatralisch – plötzlich klang.Trotz vieler Eigenwilligkeiten gelangen faszinierende Momente. Sie wären noch überzeugender gewesen, hätten Londons Philharmoniker mithalten dürfen.
Geiger neigen dazu, sich Partner zu suchen, die sie voll im Griff haben. Jahrhundert-Violinist Jascha Heifetz hat zumeist mit zweitklassigen Pianisten musiziert. Und auch Anne-Sophie Mutter scheint Gefallen daran zu finden, sich ihre musikalische Entourage untertan zu machen.
In der restlos ausverkauften Philharmonie spielte sie das Brahms-Konzert - nun wirklich kein Monolog für das Solo-Instrument, sondern eine spannende Unterhaltung zwischen Violine und Orchester. Doch der Dirigent Ludovic Morlot versteckte das London Philharmonic Orchestra hinter einer Nebelwand.
Ob freiwillig oder nicht, war letztlich unerheblich. Anne-Sophie Mutter dominierte mit grandios selbstverständlicher Kraft, erlaubte sich aber auch immer wieder Oasen der Ruhe, in denen die Musik - ein wenig theatralisch – plötzlich klang, als habe sie sich ein italienischer Opernkomponist erdacht. Trotz vieler Eigenwilligkeiten gelangen faszinierende Momente. Sie wären noch überzeugender gewesen, hätten Londons Philharmoniker mithalten dürfen.
Schade - denn das Orchester verfügt, wie sich in der abschließenden 7. Symphonie von Dvorak zeigte, über trefflicher Musiker, etwa bei den Hörnern, den Holzbläsern (Oboe, Klarinette) oder den tiefen Streichern. Aber Ludovic Morlot kannte kein Pardon und verfiel nun in das andere Extrem: Alle Schönheiten wurden kraftmeierisch zugedröhnt.
Zu Beginn Wagners „Lohengrin“-Vorspiel : Derart geheimnislos buchstabiert hört man das auch im Repertoire- Alltag der Oper nur selten. Das Publikum reagierte angemessen. Dezenter Jubel, selbst für Super-Star Anne-Sophie Mutter war diesmal nicht mehr drin.
Volker Boser
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