Des Sonnenkönigs böse Schwärze
Das Musical „Scuderi“ in der Schauburg am Elisabethplatz mit den Bananafishbones
Paris rockt, und das gelegentlich massenhafte Vorkommen musetteseliger Akkordeons ist ironisch gemeint: In der Schauburg wird nicht eine Oh-là-là-Metropole beschworen, sondern ein finsterer Großstadtmoloch, ausgeliefert einem Mob und den Launen des Sonnenkönigs. Von der Prachtentfaltung Ludwig XIV. bleibt tiefe Schwärze, aus der sich die Skyline bedrohlich erhebt (Bühne: Heike Meixner): Nur das vom Bösen umflorte Geschmeide aus der Werkstatt Cardillacs leuchtet im Dunkeln.
Mit Rückblenden erzählt
Regisseur Gil Mehmert hat im Musical „Scuderi“ vieles anders gemacht, als man es erwartet hätte. Selbst die Titelfigur aus E.T.A. Hoffmanns Novelle „Das Fräulein von Scuderi“ ist keine feine Dame von 73 Jahren. Zum Rock der Bananafishbones spielt, singt und tanzt Stefanie Dietrich mit freundlich-geschmeidigem Sopran eine lebenslustige, mindestens eine Generation jüngere Miss Marple. Thomas Krohns schräges Timbre fügt sich nahtlos zum furchterregend von Genie und Wahnsinn getriebenen Goldschmied. Schön an Gestalt und Stimme, wie es sich für Liebende ziemt, sind Marie Ruback als Madelon, des mörderischen Kunsthandwerkers Töchterchen, und Markus Campana als Olivier Brusson, der für die Untaten des potenziellen Schwiegervaters in der Folterkammer schmort.
Dichter Soundtrack
Gil Mehmert, mit der Parodie „Das Leben des Siegfried“ heuer Regisseur der Nibelungen-Festspiele Worms (ab 31. Juli), hat die Rückblenden-Technik der Novelle verblüffend spielerisch geglättet. Die sonst für süffige Melodien zuständigen Bananafishbones liefern einen atmosphärisch dichten Soundtrack, aber, abgesehen von der Steppnummer des ratlosen Advokaten, nichts Hitverdächtiges. Fans kommen trotzdem auf ihre Kosten, denn nirgendwo sonst kommt man dem Trio aus Tölz so nahe.
Mathias Hejny
Schauburg, 21., 23., 25., 26. April, 19., 20., 21., 22., 23. Mai, werktags 19.30 Uhr, samstags 20 Uhr, Tel. 23 337 155
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