Der Witz steckt im Desaster

„Out of Rosenheim“-Regisseur Percy Adlon und Sohn Felix werfen in „Mahler auf der Couch“ einen herrlich ironischen Blick auf die vermurkste Ehe des Komponisten mit dem Wahnsinnsweib Alma
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„Out of Rosenheim“-Regisseur Percy Adlon und Sohn Felix werfen in „Mahler auf der Couch“ einen herrlich ironischen Blick auf die vermurkste Ehe des Komponisten mit dem Wahnsinnsweib Alma

Es dauert schon eine Weile, bis Gustl und Sigi so einträchtig paffend auf dem Sofa sitzen. Am Anfang fremdeln die zwei gewaltig, aber die Not ist groß, so groß, dass der große Gustav Mahler dem großen Sigmund Freud sogar in den Urlaub nachfährt. Denn Alma, sein begehrtes Wahnsinnsweib, betrügt ihn mit dem jungen Architekten Gropius (Friedrich Mücke).

Percy und Felix Adlon haben diese Therapie-Sitzung zum sagenhaften Kaleidoskop dieser Mahler-Ehe geweitet. „Dass es geschah, ist verbürgt“, liest man zu den ersten schrillen Tonfetzen aus der Zehnten, „wie es geschehen ist, haben wir erfunden.“ Und genau das hebt diesen Film aus den allseits bekannten, höllisch gut recherchierten, aber letztlich todlangweiligen Bio-Dokus heraus. Deutlich sogar, denn die Adlons wagen die Lösung von den – durchaus gut durchwühlten – Quellen. Riskieren den ironisch distanzierten Blick im größten Tumult herzdramatischer Desaster, ja sogar den Witz. Und der tut dieser Endzeit-Eloge nur gut.

Arbeitsmonster Mahler - Vollweib-Muse Alma

Vermutlich begreift man hier mehr vom schwer verliebten Arbeitsmonster Mahler, von seiner lebensgierigen, zur Komponistengattin domestizierten Vollweib-Muse Alma, ja dem ganzen Wiener Secessionsklüngel als beim Konsum exquisiter Bücher und echter Museumsschinken. Auch wenn die Rasanz der Szenen, die Dichte der Eindrücke (Bildgestaltung: Benedict Neuenfels) und die Gewalt der Musik Mahlers (fabelhaft eingespielt von Esa-Pekka Salonen) den Kinogänger fast überfordern.

Aber da sind eben auch diese Bonmots. Etwa zwischen Mahler, dem Johannes Silberschneider kantige Fragilität leiht („Unsere Ehe ist glücklich!“), und dem kauzigen Seelentaucher Freud des Karl Markovics („Was machen’s dann hier?“). Da ist die leicht vertrocknete Mahler-Schwester Justine, die Lena Stolze mit spitzem Moralincharme versieht oder – ein schöner Gegenpol – die schräg dekadente Künstler-Clique, die sich laut schwadronierend durch Almas gar nicht biederes Elternhaus zecht.

Und schließlich die Energiebombe: Barbara Romaner spielt diese furchtbar intelligente, sich lange aufopfernde Femme fatale mit solcher Verve, dass man grad ums Seelenheil der jungen Schauspielerin fürchten muss.

Christa Sigg

Kino: Eldorado, Münchner Freiheit, R & B: Percy und Felxis O. Adlon K: Benedict Neuenfels (D, 105 Min.)

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