Der Stehaufmann stolpert und läuft weiter

Er ist wieder da. Und verströmt sich in jauchzender Kraft und Herrlichkeit. Temperamentvoll umarmt Rolando Villazón Himmel wie Meer und küsst den Staub von vergessenen Partituren im Schatten Verdis.
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Er ist wieder da. Und verströmt sich in jauchzender Kraft und Herrlichkeit. Temperamentvoll umarmt Rolando Villazón Himmel wie Meer und küsst den Staub von vergessenen Partituren im Schatten Verdis.

Aber Vorsicht! Rolando Villazóns neues Album „Cielo e mar“ wurde schon im März 2007 aufgenommen – zwei Monate, ehe der Sänger seine halbjährige Auszeit nahm. Beim Comeback an der Wiener Staatsoper als Werther war er im Januar vorsichtiger, sang mit verschatteter Höhen-Leuchtkraft und ließ vorsichtshalber ein hohes H aus.

Die Würze des Opernbetriebs

Solche Krisen sind die Würze des Opernbetriebs. Eilends zum „neuen Pavarotti“ ausgerufene Sänger wie der Sizilianer Salvatore Licitra oder Roberto Alagna haben die Erwartungen enttäuscht. Derzeit begeistern Stilisten wie Juan Diego Flórez oder Rámon Vargas die Kenner. Aber im dramatischen Fach der Verdi- und Puccini-Helden, wo allein der wahre Tenor-Ruhm und die Millionen winken, ist der Thron Plácido Domingos immer noch verwaist.

Villazón ist der einzige chancenreiche Prätendent, weil er auch als Darsteller überwältigt. Aber beim ersten Anlauf stolperte er auf der steilen Treppe zum Ruhm. Mittlerweile will er vom „Tosca“-Cavaradossi lassen und lieber den lyrischen Lenski in Tschaikowskys „Eugen Onegin“ wagen. Aber kräfteraubende Extrem-Rollen wie Don Carlos und Hoffmann listet sein Repertoire nach wie vor.

Auf dem Recital, dessen Titel Enzos Romanze aus Ponchiellis Oper „La Gioconda“ entliehen ist, singt der Mexikaner noch mit vollen Backen. Abgesehen von „Quando le sere al placido“ aus Verdis „Luisa Miller“ und Arien aus Boitos „Mefistofele“ poliert der Strahlemann ziemlich Unbekanntes aus dem letzten Viertel des 19. Jahrhunderts. Große Entdeckungen sind nicht dabei, und nach einiger Zeit ermüdet das Dauer-Espressivo den Hörer. Villazóns Gesang ist gröber als auf seiner Gounod-Massenet-Platte, und leicht angestrengte Spitzentöne lassen die folgende Krise ahnen. Am Freitag zeigt sich, ob sie verflogen ist und ein neuer Gipfelsturm bevorsteht. Dann gastiert Villázon mit „Cielo e mar“ in der Philharmonie.

Robert Braunmüller

„Cielo e mar“ bei DG. Für Villazóns Arienabend gibt es Restkarten in der AZ-Schalterhalle

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