Der Oralapostel

Willy Astor präsentiert „Nachlachende Frohstoffe” im Circus Krone
von  Volker Isfort

Seine Klasse beweist der selbsternannte Oralapostel schon beim Aufwärmen: Kaum auf der Bühne, steigt Willy Astor schon wieder hinab, schlendert durch die Reihen des ausverkauften Circus Krone und befragt das Publikum: „Ach, Geografie studierst du? Weißt du auch schon, in welcher Stadt du künftig Taxi fährst?”

Wer so lausbübisch auf dem Drahtseil zwischen Charme und Provokation („Schlaft ihr schon miteinander?”) balanciert, erobert das Publikum im Handumdrehen. Da fallen schwächere Nummern, wie die Parodien als Sachse oder rheinischer Jeck, im astorschen Kalauergewitter nicht weiter ins Gewicht.

Der Liedermacher und Wortakrobat präsentiert Ausschnitte aus seiner neuen CD „Nachlachende Frohstoffe”, zieht aber erst nach der Pause alle Register. Die melancholische Rückschau auf die „Cassettenrekorderzeit” mit TDK und der „Arbeitercassette BASF” mündet in ein Hitpotpourri, das auf dieser formvollendeten Stufe des Nonsense sonst niemand auf die Beine stellen kann: „Gnoc-Gnoc-Gnocchi in Erwins Ohr” geben dem alten Dylan-Klassiker eine kulinarische Note, „Volare” wird zum Badezimmerprotestruf „Voll Haare”, und „Putin in the Ritz” beschreibt einen erotischen Akt des russischen Präsidenten. Wenn Irving Berlin das gewusst hätte!

Doch bevor Teile des Publikums den drohenden Erstickungstod erleiden, dimmt Astor mit der Erfahrung seiner 26 Bühnenjahre die Stimmung und zielt mit seinem Klassiker „Donnersberger Brück’n” ganz aufs Gemüt.

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