Der Multimedia-Künstler Luigi Viola: Lost Memories
Ein breites Glasfenster vor einem verzierten Balkongelände als Aussichtspunkt auf das Meer lässt das Auge des Betrachters in die Weite schweifen. Meerschaum, der sich wie ein Teppich ausbreitet, bis das Blaue Oberhand gewinnt und das Meer sich mit dem Himmel vermählt. Schwarze Balken mit weißen und blauen Streifen füllen die Flächen, die der Zahn der Zeit angegriffen und verwischt hat. Ein Fragment gewordenes altes Foto, das Luigi Viola zu neuem Leben erweckt, indem er vergilbte oder gelöschte Stellen mit Farbschichten bedeckt, um es „vor dem Verderben zu retten“.
Anwendung findet das Verfahren in einer Foto-Serie auf Plexiglas- Aluminium, die der Multi-Media-Künstler vom 21. Juni bis zum 18.07.2017 in München in der GALERIE FREIRAUM 16 zeigt. Front of the Sea ist das größte unter den Bildern, die - neben einem Video-Clip dieses Pioniers der italienischen Video-Kunst - zur Schau gestellt werden.
Lost Memories – Verlorene Erinnerungen – lautet der Titel der Reihe, die sehr unterschiedliche Motive in sich vereint. Mal sind es - wie in Snowy Mountain - schneebedeckte Flächen, die eine Landschaft vor- übergehend verändern, mal die vielen Glanzlichter , die in Harbour by Night die Dunkelheit erhellen und in einen - auch nur vorübergehenden - Farbenrausch verwandeln.
Überall präsent in der einen oder anderen Form ist das Wasser. Wasser als Metapher in seinen vielen Bedeutungen und ebenso vielen Interpretationsmöglichkeiten. Wasser, das für Fluidität steht, für das rastlose Fließen im Kreislauf der Natur, aber auch für das Fortschreiten der Existenz in ihrem Wettkampf gegen die Zeit selbst. Das Wasser auch als Ursprung allen Lebens und aller Lebewesen.
Symbolik hat in Violas Werk einen ganz besonderen Stellenwert. Unvermeidlich war es für den Venezianer auch auf manche ältere Venedig-Aufnahmen zurückzugreifen, die die Stadt als „Emblem eines einzigartigen Modus“ erscheinen lassen, sich „direkt auf dem Wasser anzusiedeln, um zu signalisieren, dass auch dieses außerordentlich schöne Gebilde angegriffen und letztendlich korrumpiert“ werden kann.
Die Verderbtheit des visuellen Bildes, die Fehlbarkeit der Technologie in ihrer nur scheinbaren Übermacht sind verwandte Themenkomplexe, die dazu einladen, Parallelen zu Prozessen zu ziehen, die unser biologisches Gedächtnis miteinbeziehen, es schädigen oder gar zerstören.
Dank eines Procedere, das der Technik der Restaurierung gleichkommt, entstehen aus banalen Momentaufnahmen aus dem Privatleben, die irreparabel geschädigt zu sein schienen, Werke mit einem hohen ästhetischen Anspruch, die zur Reflexion auffordern. Werke über die Mechanismen des Gedächtnisses und dessen Verlust, über Verfall und Verderbnis aber auch über die verlorene Erinnerung sowie über die „Stratifizierung historischer und individueller Erinnerung“ an besonders geschichtsträchtigen Orten. Ein Thema, das Viola seit Jahren ganz besonders am Herzen liegt.
Vom 21.06. (Vernissage) bis zum 18.07.2017
Galerie Freiraum 16 – www.galerie-freiraum16.de
Oefelstr. 16 - 81543 München – U-1/U7 Kolumbusplatz)
- Themen: