Der höfische Songwriter
Das Cover zwischen Magritte und Dalí: Tasse, Clownsgesicht, Rakete, schwebend vor einer Kugel, die Himmelskörper sein könnte, aber, ein Eckchen lässt es ahnen, vielleicht doch aus Käse besteht. Der Lebensgefährte seiner Schwester, Michael Trevithick, hatte das Bild gemalt. Vierzig Jahre ist es her, dass der Engländer Nick Drake sein Album „Pink Moon” veröffentlicht hat. Stimme, Gitarre, Piano-Overdubs. In zwei Oktobernächten soll es aufgenommen worden sein. Die Depressionen hatten Drake da schon im Würgegriff. Im November ’74 fand man ihn tot im Bett – eine Überdosis Antidepressiva.
Der in München lebende amerikanische Lautenist und Sänger Joel Frederiksen ist für sein aktuelles Album zum Songwriter seiner Jugend zurückgekehrt: „Requiem For A Pink Moon – An Elizabethan Tribute to Nick Drake” heißt das zusammen mit dem Ensemble Phoenix Munich aufgenommene Werk. Ein Wanderer zwischen Alter Musik, amerikanischer Folktradition und Moderne widmet sich einem Anfang der 70er aufblitzenden Songwriter der Innerlichkeit, der effektiv nur drei Alben hinterlassen hat, die spätere Popgenerationen in den Kanon aufnahmen.
Frederiksen ist zu klug, um sich auf ein Coveralbum einzulassen, und hat sich für ein Konzeptalbum entschieden. Der elisabethanische Lautenmeister John Dowland stimmt in „His Golden Locks” ein verzücktes Loblied auf das Alter an und verabschiedete damit Sir John Henry Lee, Ritter im Dienste der Königin, in den Ruhestand.
Frederiksen baut zwischen die Strophen Drakes Jugendklage „Place To Be”. Michael Cevendish, Thomas Campion und ein Frederiksen-Song über Drake: Mit dieser Kombination gelingt die Loslösung Nick Drakes aus dem historischen Kontext, als aus den zerbröselnden 60ern introvertierte Songwriter wie Tim Buckley oder Eric Andersen traten. Und es geht noch einen Schritt weiter: Frederiksens Stimme blickt mit höfischer Eleganz auf die Texte eines Mittzwanzigers, der zwischen Bergen, Meer, Blumen, Sonne und Mond immer die größten Symbole zur Seelenerklärung heranzieht.
Theorbe, Viola da Gamba, und Laute – logisch scheint auf dieser Platte, dass Drake mit dem Puls des Pop wenig zu tun hatte und gut in der viktorianischen Bildwelt aufgehoben gewesen wäre, mit der sich Alter, Jugend, Freude, Trauer noch sicher beschreiben ließen.
Joel Frederiksen: „Requiem For A Pink Moon” (Harmonia Mundi)
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