Der hasserfüllte Kampf gegen die Mutter
Hugo von Hofmannsthals „Elektra“ als Gastspiel im Theater Viel Lärm um Nichts. Freunde klassischer Kost können eine Inszenierung genießen, die auf aktuelle Bezüge verzichtet.
Schon vor sechs Jahren hat Stephan Joachim „Elektra“ von Hugo von Hofmannsthal im Theater Viel Lärm um Nichts inszeniert. Die familiären Konflikte des Librettos zur Strauss-Oper faszinierten den Regisseur so, dass er nun eine Neuinszenierung am selben Ort herausbrachte. Der zentrale Konflikt ist die aussichtslose Auseinandersetzung zwischen Elektra und ihrer Mutter Klytämnestra: Elektra verabscheut ihre Mutter, weil diese mit ihrem Liebhaber Aegist den Vater, König Agamemnon, ermordet hatte.
Der Hass steht Lena Scholle in den Augen, sie windet sich auf dem Boden und spielt ihre Titelrolle an vielen Stellen so hysterisch, wie man es von einer Elektra erwartet. Denn die Figur ist psychisch krank. Sie überidealisiert ihren Vater und hasst die Mutter – heute nennen das die Psychologen den „Elektrakomplex“.
In Lumpen gekleidet sinnt Elektra „bei den Hunden gefangen“ auf Rache. Das Mutter-Tochter-Duell ist die stärkste Passage dieser 60-minütigen Kammerspielaufführung, was vor allem an der brillant gespielten Klytämnestra liegt. Mit ihrer tiefen Stimme, ihrer massigen Statur, die durch das schwarze Kleid noch betont wird, nimmt Balbina Brauel den kleinen, dunklen, leeren Raum in der Pasinger Fabrik vollkommen ein.
Stephan Joachim, der auch Elektras Bruder Orest spielt, bleibt dicht an Hofmannsthals Originaltext. Freunde klassischer Kost können dies genießen. Wer aber auf aktuelle Bezüge hofft, wird enttäuscht, obwohl schlimme Familientragödien heute präsenter denn je sind.
Sebastian Müller
Theater Viel Lärm um Nichts (Pasinger Fabrik), 19. – 21., 25. – 27. Juni, 9. – 11., 17., 18., 23., 24.Juli, 20 Uhr (sonntags 19 Uhr), Tel.8342014
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