Der ganz normale Medien-Wahnsinn
Immer betrunken, immer den Frauen hinterher und immer auf der Jagd nach dem nächsten Skandal: Manfred Dörner alias "Story", der Held von Jens Westerbecks neuem Roman "Aftershowparty", ist ein Klatschreporter, wie er im Buche steht. Ein abgehalfterter Boulevard-Veteran, der sich in der neuen Medienlandschaft durchschlagen muss. Die wird verkörpert von seiner Verlegerin Franziska Steil, die mit Mitte zwanzig die Mehrheit an der Steil Media AG und damit auch Dörners Brötchengeber "Blatt" geerbt hat. Der Kurs der jungen Medienzarin ist klar: Print ist tot, die Zukunft liegt im Internet.
Außerdem will die Verlegerin Dörners nächsten Scoop vereiteln: Der Reporter ist hinter einem bizarren Sextape her, das beweisen soll, dass der unkonventionelle Moderator John-Bob Corner schwul ist. Der wiederum steht mit der Übernahme der wichtigsten Sonntagabend-Talkshow im öffentlich-rechtlichen Fernsehen vor dem großen Durchbruch. Steil will das Outing verhindern, denn sie hat eigene Pläne, zu denen ein Auftritt in Corners neuer Sendung gehört. Am Tag von Corners Show-Debüt kollidieren die Interessen der Protagonisten unweigerlich - und der Leser lernt die Abgründe und Exzesse der deutschen Medienszene kennen.
Was ist Satire, was Realität?
Natürlich wirk in "Aftershowparty" alles übertrieben und zugespitzt, und natürlich wird betont, dass es sich nur um Satire handele. So ganz will man Autor Jens Westerbeck das aber nicht abkaufen, denn er kennt die Medienbranche zur Genüge: In der Vergangenheit hat er unter anderem als Texter bei der "Bild"-Zeitung gearbeitet, die unschwer als Vorbild für das "Blatt" erkennbar ist. Die TV-Landschaft ist ihm durch die Autorentätigkeit für Formate wie "Gottschalk Live", "Das Supertalent" und "Promi Big Brother" vertraut.
Und wie man gekonnt eine ganze Branche seziert, hat Westerbeck schon mit seinem ersten Roman "Boatpeople" gezeigt: In dem autobiografischen Werk arbeitete er seine Zeit als Yachtverkäufer und die damit verbundenen Einblicke in die Welt der Reichen und - aus der Nähe gesehen oft nicht mehr ganz so - Schönen auf. Doch egal, wie viel Wahres in "Aftershowparty" steckt: Unterhaltsam ist die Reise durch den alltäglichen Medien-Wahnsinn allemal.