Der frische Wind
Noch liegt kaum Post im Einlauf, aber das wird sich bald ändern: Der erste Tag der von Mainz nach München gewechselten Kunsthistorikerin Isabella Fehle im Chefbüro des Stadtmuseums
Sie erwachte früh, weil ein wenig nervös, in ihrer neuen Wohnung nahe beim Sendlinger Tor. Die neue Chefin des Stadtmuseums sah einige Unterlagen durch, frühstückte zu einem Haferl Kaffee ein mit Hollunderblütenmarmelade bestrichenes Korianderbrot und begab sich dann zum Arbeitsplatz ihrer nächsten Jahre.
„Ich fühle mich wie am ersten Schultag“, sagt die 55-jährige Kunsthistorikerin Isabella Fehle in ihrem Büro im dritten Stock des Ignaz-Günther-Hauses am Jakobsplatz. Die Augsburgerin setzte sich in einem mehrstufigen Auswahlverfahren gegen 69 konkurrierende Kandidaten durch.
Bei der Ankunft erwartete sie nebst neugierigen Journalistenfragen zwei Blumensträuße: Einer kam von den Mitarbeitern, der andere vom Kulturreferenten Hans-Georg Küppers. Mittags unterzeichnete sie ihren Vertrag beim Oberbürgermeister im Rathaus. Für den Nachmittag waren erste Schritte mit dem Computerprogramm geplant. Wegen des städtischen Wechsels von Microsoft auf Linux wird Fehle sich ein wenig umgewöhnen müssen.
Bald geht die Arbeit richtig los
Das Häufchen Post neben der Tür ist noch recht niedrig. Gewiss kreisen aber schon ein paar Mails im virtuellen Raum. Am Abend hat die neue Museumschefin ihren ersten Repräsentationstermin: „Ich Freude mich auf die Modenschau der Meisterschule für Mode. Sie war bei Eröffnung der Ausstellung ,Silhouettenwechsel’ sehr erfolgreich und wird deshalb wiederholt.“
Am zweiten Tag ist die Aufwärmphase schon zu Ende: „Ich treffe die Leiter der 12 Spezialsammlungen. In den kommenden Monaten werde ich mir einen Eindruck von der räumlichen Situation des Hauses verschaffen und auch hinter alle mir bisher verschlossenen Türen blicken.“
Kein Geschwurbel
Ausstellungen will die von Mainz nach München gewechselte Kunsthistorikerin vorerst kaum kuratieren. „Die Sanierung des Gebäudes steht im Mittelpunkt.“ Fehle versteht sich als Kommunikatorin und möchte das im Herzen der Stadt gelegene, zuletzt aber verschnarchte Museum zu einem Ort des Austauschs öffnen.
Fehle könnte es schaffen, weil sie wohltuend anders ist: Im Unterschied zu vielen Museumsmenschen schwebt sie nicht in schwurbelnden Wolken. Sie ist herzlich, bodenständig und einnehmend. Die Stadt kennt sie auch: Hier wuchs die Augsburgerin auf, an der Uni machte sie den Doktor über den Maurischen Kiosk von Linderhof.
Dass sie nahe dem Museum ihre Bleibe gefunden hat, schreckt sie nicht: „Ich habe in den letzten Jahren immer fußläufig zur Arbeit gewohnt.“ Neben der Einarbeitung steht ihr in den nächsten Wochen private Schwerstarbeit bevor: Kunsthistoriker haben viele Bücher, und Fehle hat bisher nur wenige Kartons ausgepackt.
Robert Braunmüller