Der Angriff der Provinzrocker
Ich komm’ aus Karl-Marx-Stadt, bin ein Verlierer, Baby“ – aus dem Stand schaffte es Kraftklubs Debüt-Album „Mit K“ (Universal) auf Platz eins der Charts. Gleichzeitig hallte ihr Sound nach in den Analysen der deutschen Feuilletons. Überschätzt fanden das die einen, denen die Massenkultur immer verdächtig ist. Den Aufbruch einer jungen Ostgeneration, die die weinerliche Vermutung des ewig Zurückgesetzten in Lautstärke umwandelt, sahen andere. Eine kleine, junge Punkkapelle mit Sprechgesang hatte den richtigen Knopf gedrückt.
Grinsend schieben Felix und Karl zum Einstieg in den Münchner Interviewtermin die Ausgabe eines Teenie-Magazins über den Tisch. Sie sind auf dem Titel. Man muss schon die Abwehrkräfte der Ironie aktivieren, wenn man aus den verrotzen Clubs auf die Bühnen der Minderjährigen tritt. Der Bundesvision Song Contest, bei dem sie 2011 den fünften Platz belegten, ist kein Thema mehr für sie. Der Wettbewerbscharakter habe schon Bock gemacht, aber nochmal? Nein.
Die Scheinwelt der medialen Hypes kommt ihnen komisch vor. Schließlich sind Kraftklub nicht aus dem Nichts erschienen. „Erst mal überall spielen und jede Gießkanne mitnehmen, dann Singles herausbringen und dann eine Platte“ – so beschreibt Sänger Felix Brummer ein Bandkonzept, dass einen Arbeitsethos ausstrahlt, wie man ihn aus vordigitalen Zeiten kennt, als das Glück noch auf der Straße lag. Auch die harte Schule der Support-Band haben sie durchlaufen, waren mit Fettes Brot und den Beatsteaks unterwegs.
Die Zeitschrift Intro verriss ihre EP noch als „Atzenmusik für Besoffene“. Mit „Eure Mädchen“ haben sie darauf geantwortet. Kraftklub sind jung genug, dass ihnen ätzende Kritik stinkt. Und sie lesen sie natürlich. „Egal wie schlimm Kritiken sind“, sagt Felix, „sie können nicht kaputtmachen wie es ist, vor Leuten zu stehen, die deine Musik lieben.“
Einen erstaunlichen Opportunismus haben sie in der Popkritik beobachtet, einen Umschwung der Meinung bei Leuten, die sie zuerst dämlich fanden und die plötzlich zu Lobsängern wurden. Atzenmusik, Die Sterne oder Tocotronic? Kraftklub sehen sich irgendwo dazwischen. Slogans, aber mit Wortwitz. „Ich will nicht nach Berlin“ ist so eine Ansage, die die Massen hinter sich vereint. Weil Coolness auch heißt, sich selber nicht ernstzunehmen, grölt der Berliner Hipster mit, der sich selber so angesagt findet, dass man ihn mal richtig mit dem Texthammer bearbeiten darf.
In ihren Ausweisen steht als Geburtsort noch Karl-Marx-Stadt. Der alte Name findet sich auch in den Liedtexten. Irgendeine politische Intention steckt dahinter nicht. Stärker und cooler sei der alte Name, meint Gitarrist Karl Schumann. Der Ostlerrock, für den Kraftklub gefeiert werden kommt einem, wenn man mit Kraftklub spricht, wie ein Missverständnis vor.
Was für eine Vorstellung haben sie noch von der DDR? „Alles was uns unsere Großeltern und Eltern mitgegeben haben“, sagt Felix. Die Mauer – das war die Welt der Generation vor ihnen. Ost-West-Konflikt? Die Frage versandet. „Aber es gibt den krassen Unterschied zwischen Provinz und Stadt“, findet Felix. Und bringt man das in Zusammenhang mit dem bundesweiten Erfolg, ahnt man dass sie recht haben. Nachdem sie erfahren hatten, dass ihr Album Platz eins der Charts erreicht hatte, telefonierten sie die Chemnitzer Freunde zusammen und verabredeten sich in einer Bar – zu einem ordentlichen Besäufnis.
Das Konzert in der Muffathalle ist ausverkauft
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