Depeche Mode: Mit Spaß am Leiden in den fröhlichen Bankrott
Das neue, nostalgische Wave-Pop-Album von Depeche Mode „Sounds Of The Universe“
Die Zukunft wird nicht mehr passieren. Alle futuristischen Träume sind schon vertont worden. Und die Erschaffung des musikalischen Cyborgs, des Mischwesens aus Mensch und Maschine ist ab Anfang der 70er mit teilweise rührenden hydraulischen Robotern immer wieder zu Ende gespielt worden. „Sounds Of The Universe“ heißt das neue Album von Depeche Mode.
Martin Gore, Andy Fletcher und Dave Gahan wissen natürlich um die nostalgische Wirkung ihres Soundsystems. „In Chains“ – der Eingang in die CD ist ein einminütiges Einschwingen der Systeme: Sinustöne werden in passende Tonhöhen geschraubt. Im Miniriff des Stückes gelingt der Soundtrick, einen scheinbaren Orgelakkord als E-Gitarre zu enttarnen. Diese Klänge zeigen den Menschen hinter den Reglern. Sänger Dave Gahan will leiden, sich von den Retro-Sounds in „Fragile Tension“ und „Peace“ in schwelgende pop-melancholische Sphären schießen lassen.
Zuckende Achseln
„In einem Parallel-Universum, das gerade jetzt passiert, müssen die Dinge noch schlimmer sein. Aber es ist schwer, sich vorzustellen, wie das gehen soll“ – in „Perfect“ gestehen sie sich grinsend, achselzuckend ein, dass der unentrinnbaren zwischenmenschlichen Realität kein Computer gewachsen ist.
Und so ist die eine Seite dieses Albums natürlich auch eine hörbare Materialermüdung in Stücken wie „Come Back“, das sich matt digital generiert schleppt. Die neue Depeche Mode ist keine Innovation. Aber, wie die Pet Shop Boys, die unlängst zeigten, dass der Spaß am musikalischen Unfug immer noch in der Maschine wohnt, hat auch diese Band einen unverwüstlichen Kern. Und der liegt im Spaß am Leiden. „Wrong“ ist die aktuelle Single-Auskopplung: eine fröhliche Bankrott-Erklärung, der der Gothic-Touch den Rest gibt. Hier schließen sich die Kontakte gnadenlos perfekt im Rhythmus des Industrial-Schiebers.
Christian Jooß
Depeche Mode: „Sounds Of The Universe“ (Mute), am 13. Juni spielen Depeche Mode ab 19.30 Uhr im Olympiastadion, Karten unter abendzeitung.ticketbox.de
- Themen: