Den Nerv einer wilden Zeit getroffen

Peter Schamoni ist tot. Der Vater des „jungen Deutschen Kinos“ wurde 77 Jahre alt  
Florian Koch |
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"Ich habe einen großen Schrank voller nicht realisierter Projekte, die irgendwo im Gremiendschungel verloren gingen oder in kein Schema der TV-Redaktionen passten.“ Als Peter Schamoni vor zwei Jahren mit der AZ sprach, war er trotz aller Nackenschläge noch voller Tatendrang. Umso überraschender kommt da die Nachricht, dass Schamoni bereits am Dienstagvormittag im Alter von 77 Jahren in einem Münchner Krankenhaus gestorben ist. Der Münchner Filmemacher litt an Bauchspeicheldrüsenkrebs. Sein letztes filmisches Großprojekt, das Künstlerporträt „Botero“, präsentierte er 2008 gemeinsam mit dem „kolumbianischen Meister der Üppigkeit“ als Abschlussfilm auf dem Filmfest München.

Drei Jahre arbeitete Schamoni an seiner Dokumentation, 40 Jahre nachdem er Botero für sich selbst entdeckte. Diese ausdauernde Begeisterung für große Künstler des 19. und 20. Jahrhunderts zieht sich wie ein roter Faden durch das Werk des gebürtigen Berliners. Max Ernst hat sein Leben „wesentlich bestimmt“, Caspar David Friedrich verehrte er, und für seinen Film „Hundertwassers Regentag“ bekam Schamoni 1973 sogar eine Oscar-Nomininierung.

Wer Schamoni jetzt als gediegenen Künstler-Biografen abtut, der verkennt sein Frühwerk. Er war einer der jungen Wilden des deutschen Films, verkündete im Oberhausener Manifest 1962 den „Tod von Papas Kino“. 1966 schonte er mit seinem Regiedebüt „Schonzeit für Füchse“ nicht die Nerven der Zuschauer.

Als Produzent machte er mit May Spils 68er-Kultfilm „Zur Sache, Schätzchen“ Furore. 2009 wurde Schamoni endlich der Ehrenpreis für sein Lebenswerk verliehen. Sein Wunsch war es, bei „guter geistiger und körperlicher Verfassung in München noch viele Großereignisse mitzuerleben.“ Wie gerne hätte man ihm diesen Wunsch noch länger erfüllt.

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