Den Flügel poliert, um sich darin zu spiegeln
Wütend und privat: Der Kabarettist Hagen Rether gastierte im Fröttmaninger Zelt des Deutschen Theaters.
Alles, was dieser Mann zu sagen hat, sagt er auf der Bühne. Ansonsten erfährt die Öffentlichkeit nichts über Hagen Rether. Keine Interviews, keine Porträts, nichts. Nur seine Meinung ist für die Allgemeinheit, der Rest bleibt privat.
Doch was der Kabarettist in einem dreistündigen Programm von sich gibt, reicht allemal um zu merken: Dieser Mann ist wütend. Er will sich nicht länger verarschen lassen von Politik, Medien, Religion und dem Rest der Gesellschaft. Zumindest will er sich aussuchen, von wem. Und nur das bedeutet seinem Verständnis nach Demokratie. Mit seinem Programm „Liebe“ tourt er zwar seit knapp fünf Jahren durch Deutschland. In einem Bürostuhl am schwarzen Flügel sitzend, räumt er mit allem auf – nicht nur sprichwörtlich.
Mit einem Mikrofasertuch und „dem guten Frosch-Reiniger“ poliert er den Flügel, bis er sich selbst darin spiegeln kann. Und hat währenddessen den Anderen den Spiegel vorgehalten. „Wer hat den stärkeren Gott“ titelte das Magazin „Der Spiegel“ unlängst – Rether dazu zynisch: „Wer hat den Längeren?“ Was im ersten Reflex zum Lachen bringt, lässt aber nach einigen Sekunden einen bitteren Nachgeschmack zurück. Die Religion als „Spaßreligion für alte Männer“, die damit die Frauen unterdrücken. „Das ist nicht lustig“, sagt Rether immer wieder – er selbst hat während seines Programms kein einziges Mal gelacht.
Nadja Mayer
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