Das populäre Kunstwerk!
Der Meister hatte einfach zuviel um die Ohren: Seine Filme „Tim und Struppi” und „War Horse” sind in Postproduktion und um die Blockbuster „Transformers 3” und „Cowboys & Aliens” kümmerte er sich als Produzent. Also durfte TV-Regisseur J. J. Abrams ran.
Aber bis zur letzten Sekunde ist klar: „Super 8” ist ein Steven Spielberg-Film – mit Schockeffekten, aber ohne Gewalt gegen Kinder und Hunde und kein Sex, auch wenn am Ende das Außerirdischen-Monster das blonde Mädchen (Elle Fanning) wie King Kong letztlich mitfühlend in der Pranke hat.
Viele Zitate und doch ein gelungenes Ganzes
Gäbe es einen Plagiats-Scanner „Spielberg-Leaks”, er würde heißlaufen: Es ist, als hätte man den netten Außerirdischen „E.T.” mit Giger Scotts aggressiver „Alien”-Figur gekreuzt, der in einem „Krieg-der-Welten”-Szenario nur versucht, wieder nach Hause, ab ins All, zu kommen.
Aber bis es zu diesem Befreiungs-Showdown im Mittelklasse-Milieu des amerikanischen Provinz-Kernlands Ohio kommt, spielt der Film die ganze Palette Spielbergscher intelligenter Familien-Unterhaltungs-Kunst aus. Dazu geht der Film zurück ins Jahr 1979 – und kann so an die Kalte-Kriegs-Paranoia der Erwachsenenwelt erinnern („Dahinter stecken sicher die Russen”) – und gleichzeitig an parallele Verharmlosungs- und Verdrängungsstrategien: Weil „Super 8” ein zwar jugendgerechter, aber eben doch reflektierender Katastrophenfilm ist, sieht man in den TV-Nachrichten die erste große, heruntergespielte Atomkatastrophe in Harrisburg. Und das sonst meist heroisch gezeichnete US-Militär ist hier eine unheimliche, ungesetzliche Parallelwelt.
Und wenn die – heute nicht politisch korrekt – rein weißen Jungs und ein freches Mädchen ohne Handys und Gameboys durch die Kleinstadt radeln, kommt Nostalgiegefühl in einem Erwachsenen-Film für Teenies auf – gefühlvoll, aber nicht kitschig. Denn die Familien sind keine heilen Welten (alleinerziehender Alkoholiker, abgehauene Mutter und ein Unfalltod).
Abrams und Spielberg ergänzen den Kindheitsblick um die pädagogische Mahnung an die Erwachsenenwelt, Kindern nicht nur Freiheit, sondern auch Aufmerksamkeit zu schenken. „Wenn sie mir in die Augen geschaut hat”, sagt Joe (Joel Courtney) über seine tote Mutter, „dann habe ich gespürt: Ich bin da.”
Perfektes, ehrlihes Filmhandwerk als berührende Kunst
Der Film ist schon durch seinen Titel „Super 8” eine Hommage ans ehrliche, handwerkliche Filmemachen. Und die klassische Kindergruppe (Dicker, Freak, Angsthase, Bilderbuchjunge und ein schönes Mädchen) dreht im Film selbst einen Zombie-Polit-Krimi in Super 8 und riskiert alles. Und so übertreibt Abrams selbst auch nicht mit computer-animierten Spezialeffekten, setzt sie dann aber so physisch und plastisch ein, dass man auch als Zuschauer einem Zugunglück nur mit stockendem Atem entkommt.
Kino: Cadillac, Leopold, Royal, CinemaxX, Mathäser und Cinema, Museum Lichtspiele (OV)
R: J. J. Abrams (USA, 112 Min.)