Das Leben in der Hölle von Gaza
Matt Beynon Rees schreibt politische Krimis aus dem aktuellen Krisengebiet
Er ist einer der unwahrscheinlichsten Detektive der Krimigeschichte: Omar Jussuf ist wieder da. Ein ältlicher palästinensischer Geschichtslehrer, gebrechlich, Ex-Alkoholiker, der sehr einsam und sehr störrisch wenigstens ein bisschen Gerechtigkeit in seine kaputte Gesellschaft bringen will. „Ein Grab in Gaza“ (C.H. Beck) ist sein zweiter Fall.
Der Brite Rees (41) hat viele Jahre als Journalist aus dem Nahen Osten berichtet – bis er für sich beschlossen hat, dass er in Romanen der Realität dieser schwierigen Region viel näher kommt. Und in der Tat: In seinem Buch zeichnet er derart plastisch und unbestechlich das Leben in der Hölle von Gaza, dass man jedes Wort glaubt: die verschiedenen Fraktionen mit ihren fast zufälligen Etiketten (Fatah, Islamisten) in einem Kampf, in dem es nur darum geht, wer gerade am grausamsten ist und am meisten Waffen hat. Israel taucht fast gar nicht auf, nur als bedrohlicher Schatten im Hintergrund, der das Gefängnis Gaza geschaffen hat – das Gefängnis, in dem sich jetzt die Häftlinge das Leben gegenseitig zur Hölle machen.
Dabei ist das Buch alles andere als ein außenpolitisches Traktat, sondern eine dichte, düstere, drastische Geschichte über einen unfreiwillig tapferen Einzelkämpfer auf der Suche nach Wahrheit und Gerechtigkeit in einer Welt der Gewalt. „Außer mir macht es ja keiner“, sagt Omar Jussuf mal mürrisch. Die Polizei hört auf die einzelnen Warlords, die Uno flüchtet in ihre Jerusalemer Hotels, sobald es ungemütlich wird. Und Omar Jussuf wird nicht geschont – dieser Krimi ist zu sehr Nahost, als dass viele seine Weggefährten überleben.
Umso dankbarer ist man für die wenigen hellen Stellen: Als etwa sein Augenstern, die 12-jährige Enkelin, eine Homepage für den Detektiv-Opa bastelt, obwohl der noch Berührungsängste mit dem neumodischen Zeugs hat. Kleine Bruchstücke von Normalität als Zeichen der Hoffnung.
tan