Das Labyrinth der Vergangenheit
Mit »Das Waisenhaus« gelingt Juan Antonio Bayona geistreiche Unterhaltung.
„1,2,3... und du bist frei.“ Die achtjährige Laura steht mit den Rücken zu den anderen Kindern an einem Baum und zählt. Immer wenn sie sich umdreht, sind die Kinder ihr ein wenig näher gekommen. Dreißig Jahre später wird sie noch einmal diesen Abzählvers aufsagen, sie eine reife Frau, ihre Spielkameraden um kein Jahr gealtert.
Ohne Gewalt erzeugt Regisseur Juan Antonio Bayona in seinem Film „Das Waisenhaus“ eine atemberaubend gruslige Atmosphäre. Die Geschichte konzentriert sich klassischerweise auf die Geschehnisse in einem alten Haus: Mit ihrem Mann (Fernando Cayo) und ihrem siebenjährigen Sohn Simón (bezaubernd: Roger Príncep) kehrt Laura (Belén Rueda) an den Ort ihrer Kindheit zurück: ein verlassenes Waisenhaus, das sie aus seinem Dornröschenschlaf erwecken will.
Simon verschwindet spurlos
Selbst als der kleine Símon immer öfter von seinen unsichtbaren Freunden erzählt, bleibt die Familienidylle intakt. Allerdings dürfte Simon diese Gestalten gar nicht kennen, denn es handelt sich bei ihnen um Lauras alte Waisenhausfreunde. Nach einer Auseinandersetzung verschwindet Simon spurlos.
Laura macht die verlorenen Geister der Kinder dafür verantwortlich und begibt sich auf eine monatelange Suche. Das Ergebnis könnte nicht grausamer sein.
Stilvolle, aufgeladene Bilder
Mit „Das Waisenhaus“ legt Regisseur Juan Antonio Bayona ein atmosphärisch dichtes Debüt vor, besonders dank der stilvollen, aufgeladenen Bilder von Kameramann Óscar Faura. Produziert wurde der Film von Guillermo Del Toro, der zuletzt mit „Pans Labyrinth“ sein Gespür für unterschwellige Spannung bewies.
Von der Kunst der Andeutung lebt auch Bayonas Film, seine großartigen Darsteller bringen den Horror nahe, darunter Geraldine Chaplin, die als Seherin ins Jenseits blickt.
Carolina Zimmermann
Kino:
Mathäser, Münchner Freiheit, Cinema und Theatiner in OmU
R: Juan Antonio Bayona,
B: Sergio G. Sánchez,
K: Óscar Faura
(M, SP, 110 Min.)
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- Münchner Freiheit