Veranstaltung

Das Fünf Seen Filmfestival startet

Bis zum 30. August laufen 130 Filme aus 36 Ländern mit prominenten Gästen.
von  Margret Köhler
Paula Beer mit Pierre Niney in François Ozons Film "Frantz" (2016). Paula Beer erhält am 29. August den Hannelore-Elsner-Preis und kommt dafür nach Starnberg zum Fünf Seen Filmfestival.
Paula Beer mit Pierre Niney in François Ozons Film "Frantz" (2016). Paula Beer erhält am 29. August den Hannelore-Elsner-Preis und kommt dafür nach Starnberg zum Fünf Seen Filmfestival. © X Verleih

Am Mittwoch, 23. August, startet das 17. Fünf Seen Filmfestival (FSFF) mit Margarethe von Trottas "Ingeborg Bachmann - Reise in die Wüste" im Seebad Starnberg. Festivalchef Matthias Helwig über die Highlights des Programms, die diesjährige Frauenthematik und den Vollzeitjob.

AZ: Herr Helwig, im Katalogvorwort schreiben Sie "Mit 17, so heißt es in einem Lied von Peggy March aus den 60er Jahren, hat man noch Träume und genau so geht es dem Fünf Seen Filmfestival". Welche Träume haben Sie?

Matthias Helwig: Erst einmal, dass das Festival weiterhin seinen Weg geht und die Bereitschaft zum Kinobesuch fördert, dass das Publikum ihm treu bleibt und die Filme auch junge Leute ansprechen. Ich freue mich auf Ehrengäste wie Margarethe von Trotta, Paula Beer, die diesjährige Preisträgerin des Hannelore-Elsner-Preises, Ulrich Seidl oder Maria Schrader, um nur einige zu nennen. Und hoffe, dass es auch mal ohne mich gehen kann. Irgendwann steht die Entscheidung an. Das Festival steht wie ein Teenager an seinem Scheidepunkt. Wie kann es weiter existieren, wenn es wie ein Kind volljährig wird und die Eltern verlässt?

Hätten Sie sich überhaupt eine so lange Zeitspanne vorstellen können?

Zum Glück bin ich ein Mensch, der nicht so lange vorausdenkt. Ich hätte das nie für möglich gehalten. Ich habe das Festival damals einfach gegründet. Ich mache die Dinge und freue mich, wenn etwas daraus wird.

Was macht das Festival attraktiv, vom romantischen Sonnenuntergang am See abgesehen?

Wir punkten mit der Nähe zu den Filmschaffenden, den direkten Kontakt und Austausch und einer sehr guten Programmauswahl mit außergewöhnlichen Filmperlen. Dazu die schöne Landschaft, wo man auch mal aus einem schweren Film rauskommt und dann einfach durchatmen kann. Unschlagbar ist die schon traditionelle Dampferfahrt auf dem Starnberger See.

Ist es bei der Masse von Festivals schwierig, die Filme zu bekommen, die Sie möchten?

Es ist nicht einfach, aber unser Programm ist sehr vielseitig. Da sind die beliebten "Best of Festivals" Filme, wo wir sogar eine Deutschlandpremiere feiern können: Matthias Luthardts "Luise". Charly Hübner stellt seinen neuen Film "Sophia, der Tod & ich" vor, wir haben die Filme der Ehrengäste, zum dritten Mal die Sektion "Klima & Politik", die über Aspekte des Klimawandels informiert, neun Wettbewerbe, Beiträge aus dem Gastland Taiwan, Kurzfilme, zwei Deutschlandpremieren aus der Schweiz. Da sollte jeder etwas Interessantes für sich entdecken. Und natürlich die Frauenthematik in diesem Jahr.

Was gibt es da?

Neben den Filmen der weiblichen Ehrengäste zeigen wir Ula Stöckls "Neun Leben hat die Katze" aus den Anfängen des feministischen Films in der Bundesrepublik bis hin zu "Feminism WTF" über den Stand der heutigen Frauenbewegung, oder den - bitte verzeihen Sie mir das Label - wunderbaren Frauenfilm "Smoke, Sauna, Sisterhood" , Estlands Oscar-Kandidat. Und nicht zu vergessen: Beim Filmgespräch am See in der Akademie für Politische Bildung diskutieren am Sonntag die Regisseurinnen Maria Schrader und Julia von Heinz über das Thema "Hat Film ein Geschlecht?".

Was war der Impuls für den "Fokus Iran"?

Ganz allgemein suche ich Filme aus, die mehr zeigen als die vordergründigen Berichte in den Medien. In Filmen lernt man viel über Länder, kommt ihnen näher als sonst. Ich schätze das iranische Filmschaffen. Einige der Filme hatte ich schon in Venedig gesehen, jetzt haben wir sieben Filme die über das Leben im Iran erzählen wie "Numb", ein Spielfilm über einen Kindergarten, in dem Jungen und Mädchen noch gemeinsam spielen dürfen, man sieht die Strukturen und die Einflussnahme. Oder "World War III", eine Burleske mit Tiefgang. Einen Regisseur einzuladen haben wir leider nicht geschafft. Aber es wird im Iran sehr wohl registriert, welche Filme wir präsentieren. Die Filmemacher nehmen das auch als Unterstützung, dass sie nicht alleine und vergessen sind. Die Demonstrationen nach dem Tod der jungen Kurdin Jina Mahsa Amini in Polizeigewahrsam, der sich am 16. September jährt, sind abgeflaut und raus aus den Medien. Aber im Untergrund geht es natürlich weiter. Wir müssen das Bewusstsein für die Lage im Iran schärfen.

Ein Ehrengast des Festivals ist der Österreicher Ulrich Seidl. Ist das auch ein Statement gegen die Medienvorverurteilungen beim Start von "Sparta"?

Mich hat es geärgert, wie man mit einem Regisseur umgeht, der so solitäre Filme macht. Seine Filme sind anders, das war vorher auch so. Da wird ihn wohl jemand hingehängt haben und dann läuft die Sache heute so. Wir zeigen "Böse Spiele - Rimini Sparta", die ursprüngliche in sich verwobene Version von 203 Minuten und noch vier weitere Filme. Ich bin stolz, dass Ulrich Seidl kommt.

Arbeiten Sie noch mit der gleichen Euphorie wie am Anfang?

Die Begeisterung hat nicht nachgelassen, aber die Belastungen werden größer und ich werde älter. Mein Hauptjob, mit dem ich mein Geld verdienen, ist das Kino, dazu kommt der Festivaljob, manchmal eine körperliche Strapaze. Der ist heutzutage ein Vollzeitjob. Aber dazu braucht man mehr Geld, ich kalkuliere mich ja so gut wie gar nicht. Mein Steuerberater meint, das sei ein teures Hobby. Ein neuer Mann oder eine neue Frau müssten bezahlt werden. Unser Budget beträgt 395 000 Euro, darin enthalten sind öffentliche Förderung, Sponsoren und Ticketverkauf. Eine sehr solide Finanzierung. Aber ich sehe mit Sorge die Hitze. Bei 30 Grad kommt kaum jemand zu den 17 Uhr-Vorstellungen.

Wovor haben Sie mehr Angst - dass es doch mal regnet, es zu heiß ist, oder die S-Bahn mit Ersatzverkehr die Reise von München nach Starnberg zum Abenteuer macht.

Eigentlich wünsche ich mir einen Spätsommer mit tagsüber 25 Grad und kühleren Abenden. Das Hauptmanko in diesem Jahr ist die Verkehrsanbindung durch die S-Bahn, eine Herausforderung, die hoffentlich nicht zu viele Kinoliebhaber abhält.

Empfehlen Sie uns drei Filme, die wir sehen müssen.

Eine schwierige Frage. Auf jeden Fall den irischen Film "The Quiet Girl" über Schmerz und Schönheit von Kindertagen, "Bread and Salt", ein reifes Erstlingswerk aus Polen, und "We will not fade away", ein Dokumentarfilm über fünf ukrainische Jugendliche aus dem Donbas, die an einer Reise in den Himalaja teilnehmen dürfen und in ein besetztes Land zurückkehren.

Welche Wirkung hat das Festival auf die Region?

Wir erreichen Zuschauer von München bis Murnau. Viele schauen sehr viele Filme und gehen danach auch zwei oder drei Wochen weiter ins Kino.

Tickets und Infos unter www.fsff.de. Freier Eintritt bei allen Diskussionen/Panels und beim Filmgespräch am See (Anmeldung unter buero@fsff.de)

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