Das 39. Fantasy Filmfest in München: Nichts für schwache Nerven

Noch ein Jahr, dann wird das Fantasy Filmfest 40 Jahre alt. Von einer cineastischen Midlife Crisis ist man jedoch weit entfernt. Die Härten der Corona Jahre hat man gut verkraftet, das Programm entschlackt, die wichtigen Stammgäste glücklicherweise nicht verloren. Die Lust der Programmer um Mitbegründer Rainer Stefan neue filmische Perspektiven zu öffnen, fremde und manchmal auch befremdende Kinokunst zuzulassen zeigt sich bereits im diesjährigen Eröffnungsfilm "Good Boy" (heute, 19.30 Uhr).

Der titelgebende "gute Junge" ist in Wirklichkeit ein Hund, Indy, aus dessen Blickwinkel der sanfte Gruselfilm von Ben Leonberg konsequent erzählt ist. Nur schemenhaft zeigt die originelle US-Produktion die Menschen, darunter Indys Herrchen Todd (Shane Jensen). Und so entfaltet sich, nach einem ungeplanten Umzug in ein abgelegenes Spukhaus, eine Horrorgeschichte auf vier Pfoten, die einige Überraschungen parat hält.
Japanischer Paranoia-Thriller
Überraschende Perspektiven, ja eine arglistige klaustrophobische Stimmung hält auch der kafkaeske japanische Paranoia-Thriller "Exit 8" (14.9., 18.15 Uhr) parat, in dem sich eine U-Bahn-Station als teuflisches Labyrinth entpuppt. Fans des asiatischen Kinos kommen beim Fantasy Filmfest seit jeher auf ihre Kosten.
Eine Entdeckung im Programm ist hier der hypnotische Anime "Angel’s Egg" (14.9., 12 Uhr) des "Ghost in the Shell"-Machers Mamoru Oshii. Die Geschichte um ein Mädchen, das unter seinem Rock ein rätselhaftes Ei bewahrt, kommt nun 40 Jahre nach ihrer Herstellung in einer restaurierten Fassung in die Kinos.

Ganz modern gibt sich wiederum "Hi-Five" (17.9., 20.30 Uhr), Südkoreas wilde Antwort auf das Superheldenkino der US-Amerikaner und gleichzeitig auch der Abschlussfilm des einwöchigen Festivals im City Kino. Ein starkes Ausrufezeichen im Bereich des Genrekinos setzt in diesem Jahr auch der europäische Film. Aus Österreich stammt "Welcome Home Baby" (15.9., 19.30 Uhr).
Provinzschocker von Andreas Prochaska
In Andreas Prochaskas ("Das finstere Tal") Schocker gerät eine Berliner Notärztin (Julia Franz Richter) in die Fänge einer sektiererischen Provinz-Gemeinde. Eine junge weibliche Protagonistin steht auch im Zentrum der bewusst überdrehten Mediensatire "The Piano Accident" (13.9., 19 Uhr) von Quentin Dupieux. Kinostar Adèle Exarchopoulos ("Blau ist eine warme Farbe") gibt hier eine egozentrische Influencerin, die sich nach einem Unfall mit einer hartnäckigen Journalistin (Sandrine Kiberlain) auseinandersetzen muss.

Anhänger intelligenter, sich langsam entwickelnder Thriller werden mit dem türkischen Festivalhit "The Things you kill" (16.9., 22 Uhr) bestens bedient, in dem ein Englischlehrer (Ekin Koç) nach einem Mord im Affekt nicht mehr in die Spur findet.

Und ja, auch Fans von unterhaltsamem Trashkino werden beim diesjährigen Fantasy Filmfest fündig. Im Remake des Troma-Kultfilms "The Toxic Avenger" (11.9., 20.15 Uhr) gibt "Game of Thrones"-Star Peter Dinklage den mutierten Superhelden aus dem Müll. Na dann, wohl bekomm’s!
City Kinos, Sonnenstr. 12a / Stachus, OV oder OmU (ab 18 J.), 12/13 Euro, weitere Infos und Tickets: fantasyfilmfest.com