Chris Rea: Schluss mit kuschelig
Der genesene Chris Rea ist wieder fit und agil wie ein Jungspund und lässt es in der Olympiahalle mit Bluesrock ordentlich krachen.
Eigentlich hatte er schon immer zwei Seelen in seiner Brust. Da ist zum einen Chris Rea, der Troubadour mit der samtweichen Grummelstimme und den Edelschnulzen, zum anderen aber auch Chris Rea, der Bluesrock-Gitarrist aus Leidenschaft. Mit den Edelschnulzen lässt es sich gut Geld verdienen, mit dem Bluesrock kann man es auf der Bühne etwas mehr krachen lassen.
Auf der aktuellen Tour „Still So Far To Go" überwiegt eindeutig der Saitensassa. Und die Fans in der zu drei Vierteln gefüllten Olympiahalle sind völlig aus dem Häuschen. Man merkt es von Anfang an: Hier geht's zur Sache. Jedes Intro, jedes Solo wird genutzt, um die Gitarre in den Vordergrund zu stellen, ausgiebig und manchmal richtig exzessiv.
Da gibt es erdige Bluesrock-Läufe mit Slide-Einlagen wie bei Lee Clayton oder Eric Clapton, aber auch psychedelische Ausflüge mit flirrenden Höhen in den Klang-Kosmos, fast so schön wie bei Pink Floyd. Chris Rea hat sich offenbar entschieden, in welchem Genre er künftig weitermachen will. Natürlich vergisst er nicht, seinen Fans auch die Evergreens „Josephine“, „Julia“, „The Road To Hell“ und „On The Beach“ zu kredenzen, aber auch die klingen inzwischen längst nicht mehr so nach Kuschelrock wie früher.
Die Dekoration auf der Bühne ist zurückhaltend und stilvoll, die Begleitband spielt wunderbar aufgeräumt, die Sound-Qualität ist zum Dahinschmelzen gut. Chris Rea, fesch im ärmellosen Sommer-T-Shirt, wirkt agil und fit wie ein Jungspund. Die Zeit seiner schweren Erkrankung hat Rea offenbar zur Katharsis genutzt: Seine Musik ist wieder rauer und ursprünglicher geworden. Der Mann hat offenbar noch viel vor.
Arno Frank Eser
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