Burgunder-Timbre
Zu seinen Auftritten geht man mit eher gemischten Gefühlen. Das Publikum hat Rolando Villazón ins Herz geschlossen. Er singt, als wende er sich jedem Zuhörer persönlich zu. Da ist es keine Freude, als Spielverderber über seine Stimmkrisen zu schreiben.
Das muss nach dem Abend in der ausverkauften Philharmonie Gott sei Dank nicht sein. Der Mexikaner sang geschmackvoll für Kammerorchester arrangierte Lieder von Bellini, Donizetti, Rossini und Verdi, die seiner schönen Mittellage schmeichelten. Aber er beschränkte sich nicht auf einen gepflegten Salon-Ton. Schon die zweite Nummer, Bellinis „Torna, vezzosa Fillide”, verlangte im schnellen zweiten Teil Dramatik, die Villazón mit jener brennenden Intensität durchlebte, für die er von allen geliebt wird.
Der Sänger tätschelte immer wieder freundlich den Konzertmeister des wackeren Nuevo Mondo Chamber Orchestra, das zwischendurch einige Ouvertüren mit eingesparten Pauken und auch sonst leicht abgespeckter Instrumentierung spielte. Villazóns schönes Burgunder-Timbre und seine immer schon enge Höhe wirkten nur leicht getrübt. Spätestens bei den drei von Weltschmerz getränkten Verdi-Liedern war jede Krise vergessen. Sollte sich der Sänger gegen die Vorhersage aller Experten doch gefangen haben? Es wäre uns und ihm zu wünschen.
Nach dem Ende des offiziellen Teils gab es Rosen und Geschenke aus dem Publikum, für die sich Villazón mit einer lustige Clown-Nummer und drei Zugaben bedankte. Und endlich kennen wir auch seine Münchner Leibspeise: Er liebt Powidldatschgerl. Sie waren bei „Knapp & Wenig”, der Hausbäckerei der Hofbräuhauskunstmühle in der Neuturmstraße 3 osterbedingt zwar nicht vorrätig, wurden aber bis zum Abend extra für ihn hergestellt. Und zwar nach einem alten Familienrezept, wie uns die beiden vom Sänger zum Dank mit Freikarten bedachten Damen verraten haben.
Am 4. November singt Villazón Lieder von Massenet und italienischen Komponisten im Prinzregententheater, Karten unter Tel.93 60 93