Bunte U-Bahnhöfe und eine biedere Bilderburg
Das knallige Orange macht müde Pendler morgens munter. Tagtäglich gehen Tausende Münchner daran vorbei – unterm Marienplatz sozusagen. Alexander Freiherr von Branca ließ sich diese Farben einfallen, die längst zum Synonym für die bekannteste U-Bahnstation der Stadt geworden sind. Am Montag ist der Münchner Architekt im Alter von 92 Jahren in Miesbach gestorben.
Erker und Dächlein
Bekannt wurde von Branca allerdings durch ein Werk von ganz anderem Zuschnitt: die Neue Pinakothek, sein Opus magnum, das in den frühen 80er Jahren für einigen Gesprächsstoff gesorgt hat. Gegenüber der von Hans Döllgast behutsam rekonstruierten Alten Pinakothek türmte sich nun eine Bilderburg, die sich hermetisch gab, und mit ihren Erkern und Dächlein, den Fenstersprossen und dem bewässerten Graben tatsächlich an die trutzige Heimstatt mittelalterlicher Ritter und Burgfräulein erinnert. Fortschrittlich eingestellten Gemütern war das monumentale Museum mit den toskanisch inspirierten Sandsteinquadern ein romantisierender Dorn im Auge. Und auch bei den Anhängern einer Gestaltung mit heimelig-historisierenden Anklängen bildete sich keine wirkliche Gegenfront der Begeisterung.
Allerdings hatte von Branca die Moderne an einem ziemlich empfindlichen, ja wunden Punkt getroffen. Nicht nur dem Freiherrn mit italienischen Wurzeln waren Stahlbeton und Glasfassaden zu kalt, zu austauschbar, viel zu wenig am Menschen und seinem Bedürfnis nach wärmender Hülle und Schutz orientiert. Und damit griff er just die Bedenken auf, die coole Stadtplaner mit ihrem Interesse an fortschrittlichem Style gerne ignorieren. Man ist nicht wirklich verwundert, dass sich von Branca auch in der Münchner Hochhaus-Debatte auf die Seite der Turm-Gegner warf. Nur Herausragendes am Stadtrand, wie etwa den BMW-Vierzylinder, ließ er gelten.
"Einfache, anständige Architektur"
Dabei hatte der ehemalige Stadtbaumeister einst ganz andere Ambitionen. Nach dem Krieg spazierte der junge Branca durch die Maxvorstadt, vorbei an den zahlreichen Gründerzeithäusern und war ganz selbstbewusst der Meinung: „Das kann ich besser!”. Das war der Ausschlag fürs Studium der Architektur am Polytechnikum, Döllgast wurde bald sein Mentor. Und Branca hatte „einfache, anständige” Architektur im Visier.
Zu den ersten Bauten gehörte die gerade in ihrer Schlichtheit so eindringliche Klosterkiche Herz Jesus Christus an der Buttermelcherstraße, die die alte Tradition des Gewölbes, das sich als Baldachin versteht, mit radikal einfachen modernen Mitteln auf dürren Pfeilern realisiert. Man hat Mühe, das mit den späteren Entwürfen zusammen zu bringen. Mit der Neuen Pinakothek sowieso. Wobei ein Blick in deren Inneres von einem äußerst klugen Planer kündet, der die Bedürfnisse der Kunst und deren Besucher deutlich im Blick hatte.
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