Bullys Drahtseilakt
Das Wort „Klamotte” mag Leander Haußmann überhaupt nicht. Da wurde sein neuer Film der Presse im Mathäser vorgestellt und da fällt bei der Pressekonferenz das Wort „Verwechslungsklamotte”, worauf er allergisch reagiert. Was man verstehen kann. Mit „Hotel Lux” hat Haußmann („Sonnenallee”) eine Komödie gewagt, die auf dem Boden einer historischen Tragödie fußt. In den Zwanzigern und Dreißigern beherbergte das Hotel Lux in Moskau Kommunisten und deutsche Exilanten, darunter später einflussreiche DDR-Politiker wie Walter Ul-bricht und Wilhelm Pieck. Zahlreiche Exilanten wurden zurück nach Deutschland und in den Tod geschickt. Zwischen 1936 und 1938 wurden Kommunisten, die im Hotel Lux Zuflucht suchten, als Gegner Stalins verhört. Viele wurden verurteilt, landeten im Gulag und wurden hingerichtet.
Angesichts der Tragik der damaligen Ereignisse wundert es nicht, dass sich die Entwicklung des Filmprojekts hinzog. Mit einer Drehbuchfassung im Gepäck fuhr Produzentenlegende Günther Rohrbach 2008 an den Walchensee, wo Michael „Bully” Herbig gerade seinen Wickie-Film drehte. Rohrbach wollte Herbig für die Hauptrolle besetzen.
Der Film erzählt die fiktive Geschichte des Komikers Hans Zeisig, der 1938 aus Berlin flieht und im Hotel Lux landet, wo er aus Versehen für den Leibastrologen Adolf Hitlers gehalten wird und bald auf Stalin trifft. Herbig sagte ab. Und schmunzelt heute, wenn er von Rohrbachs Reaktion erzählt: „Er meinte: ,Sie sagen nicht ab! Einigen wir uns darauf, dass sie nicht zusagen!’” Haußmann nahm sich das Drehbuch vor, mit Herbig als Darsteller im Kopf. „Hotel Lux” nahm Konturen an, als Verwechslungskomödie.
Bei aller Komik ist es Herbigs erste ernste Charakterrolle: „Ich konnte mich hier weder hinter einem Dialekt verstecken, noch hinter einer krummen Nase oder geknickten Ohren.” Haußmann bestätigt, dass der als perfektionistisch geltende Mit-Produzent Herbig „auf angenehme Weise” Einfluss auf den Film nahm: „Wenn jemand eine gute Idee hat, dann sauge ich und nehme die auf.” Ihm war auch klar, „dass wir eine Komödie machen aus einem bösen Horrorszenario”. Die Figur des Komikers Zeisig soll den Zuschauer in diese Geschichte hineinführen: „Wir wollen eine Tür öffnen.”
Eine klassische Bully-Komödie ist „Hotel Lux” schon von seiner Anlage her nicht. „,Der Schuh des Manitu’ hatte 12 Millionen Zuschauer”, meint Produzent Günter Rohrbach. „Jeder zweite wäre uns recht.” Am 27. Oktober kommt der Film in die Kinos. Dann kann jeder selbst sehen, ob der Drahtseilakt zwischen Komik und Geschichtsstunde geglückt ist.
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