Weltweit einmalig

Spardruck und Ausbeutung: Der Präsident des Bühnenvereins, Klaus Zehelein, will, dass die Unesco die deutsche Theaterlandschaft als immaterielles Weltkulturerbe anerkennt
Matthias Hoenig/chj |
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Der Tango hat es 2009 geschafft. Im letzten Jahr war es unter anderem die Geigenbaukunst Cremonas. Der Deutsche Bühnenverein will jetzt dafür kämpfen, dass auch die durch Sparmaßnahmen gefährdete, in der Welt einmalige deutsche Theaterlandschaft von der Unesco den Status als immaterielles Weltkulturerbe erhält. „Wir befinden uns in ganz schwierigen Zeiten”, sagte der Präsident des Bühnenvereins und Präsident der Bayerischen Theaterakademie August Everding, Klaus Zehelein, in einem Gespräch mit der dpa.

Er erwarte von der Jahreshauptversammlung des Bühnenvereins an diesem Wochenende in Kiel einen Beschluss, sich an die deutsche Unesco-Kommission zu wenden. Auch die problematischen Arbeitsbedingungen an den Bühnen dürften für heftige Diskussionen sorgen. Nach Ansicht Zeheleins sollten sich die Künstler besser gewerkschaftlich organisieren und in der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger engagieren. Diese sei Tarifpartner des Bühnenvereins und könne gezielt Probleme angehen. „Es ist für mich ein befremdlicher Trend, wenn solche Themen emotional aufgeladen im Internet abgesondert werden.” Er verwies auf die Facebook-Initiative „Die traurigsten & unverschämtesten Künstler-Gagen und Auditionserlebnisse” sowie auf das Forum „artbutfair”, das am Pfingstmontag freigeschaltet wurde.

Im Osten und in NRW brennt es

„In den vergangenen 15 Jahren ist ein enormer Spardruck an den deutschen Bühnen entstanden”, sagte Zehelein. Rund 6000 Arbeitsplätze seien abgebaut worden, die Zahl der Stellen sei von 45000 auf etwa 39 000 gesunken. Dies betreffe alle Sparten. Außerdem habe sich die Zahl der freien Verträge von etwa 8000 auf etwa 22 000 fast verdreifacht.
Um Institutionen das Überleben zu ermöglichen, habe der Bühnenverein Haustarifverträge mit Theatern und Orchestern an rund 30 Standorten – vor allem in den neuen Bundesländern – vereinbart. „Haustarifvertrag heißt: der teilweise Verzicht der technischen wie künstlerischen Mitarbeiter auf Erhöhungen und auch Abstriche beim Urlaubs- und Weihnachtsgeld.” Notwendig sei aber auch, dass Künstler mit Freude und nicht nur unter Druck arbeiten können.

In Sachsen-Anhalt ist die Situation laut Zehelein dramatisch. Obwohl eine Bestandsaufnahme durch den von der Landesregierung berufenen Kultur-Konvent sogar einen finanziellen Mehrbedarf der Theater und Orchester festgestellt habe, wolle die Landesregierung die Mittel für die Bühnen erheblich kürzen. „Und es brennt auch in Nordrhein-Westfalen: Viele Großstädte stehen unter Verwaltung des Regierungspräsidenten und können damit nicht mehr direkt selbst entscheiden, wie sie ihren Haushalt gestalten.”
Ein auf die Dauer massives Problem für die Bühnen sind laut Zehelein die normalen Tariferhöhungen. Etwa nur ein Drittel bekomme von Kommunen und Land Tariferhöhungen voll ausgeglichen, ein Drittel zum Teil und ein Drittel überhaupt nicht. 

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