Wagner, Wiederkehrer, Wahabiten: Die Pläne für die Osterfestspiele Salzburg 2026

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Mit „Visit Quatar“ wirbt der neue Premiumpartner auf der Homepage und den Publikationen der Osterfestspiele Salzburg? Katar? War das nicht mal was - außer einer Fußball-WM? In Doha residiert das Politbüro der Hamas, auch die nicht unbedingt als Musikfans bekannten Taliban unterhalten eine wichtige Vertretung in dem Emirat, dessen Bewohner überwiegend dem puristischen Islam des Wahabismus angehören. Obwohl die Regierung auch Beziehungen zu Israel unterhält, könnte man auf die Idee kommen, Katar versuche sein islamistisches Image und die Kritik an der Missachtung von Menschenrechten durch Kultursponsoring in Europa weißzuwaschen.
Nikolaus Bachler, bis 2021 Chef der Bayerischen Staatsoper und nun Intendant der Osterfestspiele, betonte bei der Pressekonferenz der Osterfestspiele den Wandel in Katar: Der Golf-Staat sehe sich als Vermittler. Er sei in den letzten Jahren zum „wichtigsten Friedensverhandler der Welt“ geworden. Für europäische Staaten sei das Emirat ein wichtiger wirtschaftlicher Partner. Er nehme bei seinen Besuchen „Freude und Offenheit“ in dem Golfstaat wahr. Das islamistische Bild dieses Staats sei veraltet, er lade dazu ein, auch einmal anders auf die Welt zu schauen, ähnlich wie es Kirill Serebrennikows „Ring“-Inszenierung versuche.
Die ist das Groß-Projekt der nächsten fünf Jahre bei den Osterfestspielen und zugleich der Auftakt der erneuten Zusammenarbeit mit den zwischenzeitlich nach Baden-Baden abgewanderten Berliner Philharmonikern. Die waren bereits zwischen 1967 und 2012 das Orchester des Festivals, das Herbert von Karajan eigens gegründete hatte, um Wagners Opern-Tetralogie mit seinem Orchester aufzuführen.
Wie sich neue Glaubensvorstellungen formen
„Mir strebt eine Art Welttheater vor, in dem sich aus den Bildern, die von der Volkskunst Afrikas, Asiens und Amerikas inspiriert sind, neue Glaubensvorstellungen formen. Die Überreste des technologischen Erbes werden zu verlassenen Heiligtümern“, zitieren die Osterfestspiele den Regisseur. Der war aus Paris zugeschaltet und berichtete, eben in Island gewesen zu sein, um dort Filmaufnahmen für ein postapokalyptisch vereistes Afrika zu drehen, das im „Rheingold“ Alberichs Nibelungen-Sphäre darstellen soll. Die sklavereiähnlichen Arbeitsverhältnisse, unter denen manche Niedriglohnmigranten in Katar leben müssen, hätten sich übrigens auch als Motiv angeboten.
Als „Rheingold“-Wotan debütiert Christian Gerhaher. Es sei Teil des Konzepts, Sängerinnen und Sänger einzusetzen, die in den Partien des Opernvierteilers bisher nicht zu hören waren, betonte Bachler. Olaf Maninger, der Medienbeauftragte des Berliner Philharmoniker ließ durchblicken, dass auch eine „audiovisuelle Interpretation“ für alle Interessierten vorgesehen sei, die nicht nach Salzburg kommen können oder wollen.
Weil das Große Festspielhaus wegen einer Sanierung nicht zur Verfügung steht, finden die Aufführungen in der Felsenreitschule statt. Die hat weniger Plätze, was eine finanzielle Herausforderung für das nur sehr moderat vom Land und der Stadt Salzburg subventionierte Festival darstellt. Die Unterstützung durch Katar, Volkswagen, die Karajan-Stiftung und andere Förderer macht es Bachler aber möglich, 30 Prozent der Konzertkarten unterhalb der Grenze von 100 Euro anbieten zu können. Das soll helfen, neue Besucher für das bisher im Vergleich zum Sommer sehr elitäre Festival zu erschließen.
Enge Zusammenarbeit
Für den Chef der Berliner Philharmoniker schließt sich damit ein Kreis. „Das ist unsere dritte enge Zusammenarbeit“, sagte Kirill Petrenko zu Bachler, der den Dirigenten 1997 als Kapellmeister an die Wiener Volksoper engagierte. „Dann holte mich Bachler nach viel Überzeugungsarbeit an die Bayerische Staatsoper und nun, ohne viel Überzeugungsarbeit, nach Salzburg“, so Petrenko, der den „Ring“ bereits in Meiningen, Bayreuth und München dirigiert hat.
Mit keinem Werk habe er sich akribischer auseinandergesetzt, betonte Petrenko. Daher setzt der Dirigent nach der „Walküre“ eine Zäsur mit Arnold Schönbergs „Moses und Aron“ - ein Werk, das er bisher nicht dirigiert habe und das, wie Bachler betonte, wegen seiner den Repertoirealltag sprengenden Komplexität am besten in einem Festspiel-Kontext auf die Bühne zu bringen sei.
Das zweite Hauptwerk der Osterfestspiele 2026 neben „Rheingold“ wird die monumentale Achte von Gustav Mahler. Die will Petrenko nicht als „Symphonie der Tausend“ verstehen, sondern als Werk, das auch einen hohen kammermusikalischen Anteil enthalte. Entscheidend bei einer Aufführung sei es, jenseits des bombastischen Aufwands die Idee des Werks deutlich zu machen, das mit Hilfe von Goethes „Faust II“ beschwört, dass es ein Leben nach dem Tod gebe.
Weitere Konzerte dirigieren Daniel Harding und Tughan Sohiev. Die Vertreter des Orchesters betonten, die Berliner Philharmoniker hätten auch in der Zeit ihrer Abwesenheit den Faden nach Salzburg durch das traditionelle Sommer-Gastspiel am Ende der Festspiele nie abreißen.
Man habe die Erfahrung gemacht, dass sich der „Genius loci“ nicht so einfach nach Baden-Baden habe versetzen lassen. Salzburg werde durch Kammerkonzerte und ein Projekt mit ambitionierten Laien intensiver in die Osterfestspiele einbezogen. Und auch dafür ist das Geld aus Katar durchaus nützlich.
Infos zum Programm und zu Karten unter osterfestspiele.at
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