Volltreffer für "Robin Hood"

Endlich mal keine Performer. Sondern Schauspieler. Solche, die spielen und auch mal die Sau rauslassen. Dazu: Der rote Theatervorhang, ein Pferd, eine Ritterburg, ein wandelnder Wald aus Stelzengehern. Als Krönung alle Fechtkämpfe und sonstigen Prügeleien, die im feinfühlenden Erwachsenentheater der letzten Jahre weggelassen wurden. Einmal läuft der Bösewicht sogar mit einem Bündel Pfeile im Allerwertesten über die Bühne.
Mit „Robin Hood“ hat das Residenztheater einen Volltreffer geschossen. Für Kinder und das Kind im Kritiker. Sechsjährige freut der Budenzauber. Die Botschaft des „Gemeinsam seid ihr stärker“ spricht ältere Geschwister an. Für die Eltern und Großeltern gibt es steuerpolitische Kalauer und einen Trump-Witz. Sogar Wagnerianern wird was geboten: Die Burg wächst zum Walhall-Motiv aus dem Bühnenboden. Und Manfred Zapatka singt den König Heinrich aus dem dritten „Lohengrin“-Akt.
Der Held (Thomas Lettow) schaut am Beginn kurz durch den Vorhang und bittet die Kinder, ihn nicht zu verraten. Dann erscheinen die bösen Männer in den dunklen Latexstrumpfhosen: Der Sheriff von Nottingham beschlagnahmt ein Bauernhaus, das er überraschend von seinem Assistenten abtransportieren lässt.
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Das von Angela Obst bearbeitete Szenarium des Regisseurs Robert Gerloff enthält die üblichen Episoden des Mythos. Die Inszenierung erzählt im kindgerechten Comic-Tempo. Gelangweilte Unruhe kommt da im Residenztheater keine Sekunde lang auf.
Aus dem Will Scarlett der Legende wurde eine Lara-Croft-mäßige Scarlett Will: Pauline Fusban spielt sie angemessen kratzbürstig mit Prinz-Eisenherz-Frisur und zündet mit ihren zwei Dolchen sehr effektvoll ein Feuer an, das die mich begleitenden Sechsjährigen gewaltig in Erstaunen versetzte.
Manfred Zapatka wühlt als König John wie Dagobert Duck in den Münzen. Gunther Eckes macht aus dem Sheriff einen aasigen Bösewicht. Sein rentenpolitischer Vorschlag, ihm gegen Süßes alle Omas und Opas auszuliefern, fand wenigstens am Premierennachmittag keinen Widerhall. Marians (Mathilde Bundschuh) bessernden Zaubertrank verweigert er wegen einer Spinatallergie. An seiner Stelle leert Guy de Gisbourne (Thomas Gräßle) den Becher und entdeckt seine feminin-künstlerische Seite.
Ein cooler Nachmittag
Vier Musiker sorgen für diskrete Mittelalter-Atmosphäre. Die Songs von Josef Parzefall grundieren die Bühnenlust mit einem etwas ernsteren Brecht-Tonfall. Und das letzte Lied lässt hübsch offen, ob die Rächer der Enterbten das geraubte Geld wirklich in den Wirtschaftskreislauf zurückführen.
Die beiden jungen Herren in meiner Begleitung fanden den Nachmittag „cool“. Sie lobten die reibungslose Verwandlung der Bühne (Maximilian Lindner) und die überraschenderweise in die Bühnenumrandung geschossenen Pfeile. „Robin Hood“ ist ein großer, im besten Sinn altmodischer Theaterzauber. Etwas, das nur an einem wohlausgestatteten Staatstheater möglich ist. Es ist ein großer Spaß für alle, dabei zuzuschauen, wenn es das Theater krachen lässt. Billiger Performtes für das Hirn gibt es ohnehin genug.
Wieder am Residenztheater, 22., 24., 27. und 28.11., 1., 4., 5., 9., 18., 19. und 26.12., Infos unter www.residenztheater.de oder Telefon 2185 1940