"Twelfth Night" im Prinzregententheater: Respekt vor dem Klassiker

Prinzregententheater: Die Studierenden der Theaterakademie mit dem Musical "Twelfth Night" nach Shakespeare
von  Robert Braunmüller
Shakespeare als Musical: Roberta Monção (Viola), Jacky Smit (Narr) und Johannes Summer (Orsino).
Shakespeare als Musical: Roberta Monção (Viola), Jacky Smit (Narr) und Johannes Summer (Orsino). © Lioba Schöneck

Warum macht sich Malvolio mit gelben Strümpfen und kreuzweise gebundenen Kniegürteln lächerlich, wenn die Spötter selbst maximal schrill gekleidet sind? Aber ist Musiktheater jemals logisch gewesen? Deswegen stört dieser klitzekleine Widerspruch in Stefan Hubers Inszenierung des Musicals "Twelfth Night" von Kwame Kwei-Armah (Text) und Shaina Traub (Musik) den Spaß im Prinzregententheater nur minimal.

"Twelfth Night": Shakespeares Komödie "Was ihr wollt" als Musical

Auch zum 25. Geburtstag bleibt der Studiengang Musical seinem Prinzip treu, mit originellen, sonst hier nicht gespielten Werken, die lebendige Vielfalt des Genres zu beweisen. "Twelfth Night" ist nichts weniger als die Vertonung von Shakespeares Komödie "Was ihr wollt". Das 2016 in New York uraufgeführte Musical wahrt einen geradezu bildungsbürgerlichen Respekt vor dem Klassiker, und die Version der Theaterakademie August Everding verstärkt dies noch durch die Verwendung der gut patinierten Übersetzung von August Wilhelm und Caroline Schlegel ("Vielleicht fällt Euer Aug' auf einen Tand, den Ihr zu kaufen wünscht").

Die Studierenden sprechen diese bisweilen sehr geschraubten Texte technisch sanft verstärkt, als sei's ganz natürlich. Wer über die mangelnde Sprechkultur im Theater klagt, möge die Aufführung besuchen und anschließend bittere Tränen der Reue weinen – an der Ausbildung des Nachwuchses liegt es nicht. Wie in den meisten Aufführungen von "Was ihr wollte" spielen sich auch hier die Rüpelszenen ungebührlich in den Vordergrund. Was schade ist, weil Shaina Traub dafür nur gassenhauermäßige Allerwelts-Spieldosenmusik eingefallen ist.

Die anderen Figuren bleiben Emotionsclowns

Dazu im Gegensatz stehen Violas gefühlsbetonte, schlichte Balladen, die Roberta Monção sehr eindringlich singt. Es ist ein Reiz der Aufführung, dass die Figur auch in der Verkleidung als Cesario vor allem Mensch bleibt. Und ein zweiter Vorzug ist, dass Wolfram Föppl als Sebastian wirklich ihr Zwillingsbruder sein könnte.

Die anderen Figuren bleiben Emotionalclowns. Bei Malvolio (Leopold Lachnit) hat die Regie die Lächerlichkeit durch eine zackig-strenge Körpersprache gebändigt. Dass dem eitlen Haushofmeister brutal mitgespielt wird, nimmt diese Musiktheaterversion allzu leicht: Da wird die deutsche und englische Theatertradition in der Regel deutlicher. Dass einige Männerrollen von Frauen gespielt werden, ist eine heitere Umkehrung der Gesetze des elisabethanischen Theaters. Olivia (Danai Simantiri) und Orsino (Johannes Summer) bleiben in der Fassung Edel-Chargen: Ihre übersteigerten Gefühle streifen die Grenzen des Genres.

Die Studierenden der Musical-Klasse der Theaterakademie.
Die Studierenden der Musical-Klasse der Theaterakademie. © Lioba Schöneck

Musical-Fans und Sprechtheater-Besucher werden auf ihre Kosten kommen

Die auf der Bühne (Ausstattung: Harald B. Thor und Tanja Hofmann) platzierte Band spielt unter Andreas Kowalewitz die jazzige Musik flott. Dem Narren (Jacky Smit) wurde zwar der melancholische Schluss geklaut ("Denn der Regen, der regnet jeglichen Tag"), dafür ist die Figur das heimliche Zentrum der Version, die 90 Minuten lang gut unterhält, ohne eine Sekunde zu langweilen.

Es ist eine Aufführung, die sich für Musical-Fans wie Musical-Verächter gleichermaßen eignet. Auch traditionell gesonnene Sprechtheater-Besucher dürften ihren Spaß an der jugendlichen Frische der Aufführung haben. Und man fragt sich, wieso die vielen Sprechtheater dieser schönen Stadt seit Jahren zögern, die großen (Tragik-) Komödien Shakespeares auf die Bühne zu bringen.


Wieder am 15., 17. und 19. November um 19.30 Uhr im Prinzregententheater. Karten online und unter Telefon 2185 1970

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