Torsten Sträter im Circus Krone: Magier der Heiterkeit
München - Am besten lässt es sich so beschreiben: Das Publikum ist ein Musikhaus mit allen Instrumenten des Universums und nur einer kann sie sämtlich spielen, selbst, wenn manche verstimmt sein sollten.
Unikum Torsten Sträter: Blitzschlau und bodenständig, rotzfrech und galant
Der Kapellmeister greift sich virtuell und virtuos einzelne Zuschauerinnen und Zuschauer, als wären es Geigen oder Flöten und zaubert sich mit jener mystischen, hinreißenden Wortgewandtheit in deren Herzen, aber auch in die der Umsitzenden.
Denn er ist ein Unikum. Er ist blitzschlau, aber dennoch bodenständig. Er ist rotzfrech, aber dennoch galant. Er ist unglaublich lustig, aber dennoch weise. Er ist hinterlistig wie ein Fuchs, mächtig wie ein Löwe und dabei charmant wie ein Bär. Er vereint Lustigkeit mit Unverfrorenheit. Er ist ein Magier der Heiterkeit. Er ist Torsten Sträter.
Wenn Torsten Sträter seine Lebensfreude und Schlagfertigkeit fabelhaft ausströmen lässt
Tiefe Ruhe in sich tragend und doch latent hellwach nimmt er den Raum in geistigen Besitz. Kaum ein Veranstaltungsort könnte für ihn perfekter passen als der Circus Krone, wo das Auditorium rings um den Maestro sitzt wie ABC-Schützen vor der allwissenden Lehrkraft – wissbegierig, durstig nach der von Sträter fabelhaft ausströmenden Lebensfreude und Schlagfertigkeit.
Ist einer seiner Schützlinge vorlaut, folgt zeitnah die Schelte, missachtet jemand das ausdrücklich unerwünschte Mitfilmen, gibt es verbal ein paar sanfte Hiebe auf das Gesäß. Deutlich, lehrreich und wirksam.
Torsten Sträter tadelt den Tontechniker mit empathischem Augenzwinkern
Auch die Tontechniker bekommen ihren verdienten Verweis ab, da zu Beginn des Abends nicht alle Lautsprecher eingeschaltet waren, ein unverzeihlicher Fehler, da es für jeden Vortragskünstler nichts Wichtigeres gibt als gut verständlichen Ton, deshalb kann nichts schrecklicher und bedrohlicher sein als mangelhafte Soundqualität oder ausgeschaltete Boxen. Doch Torsten Sträter weiß auch diesen durchaus strengen Tadel mit empathischem Augenzwinkern zu vermitteln. Bud Spencer wäre sein Fan gewesen.
Auch sein eigenes Inneres offenbart Wortkünstler Sträter facettenreich
Dabei bleibt der gebürtige Dortmunder bei weitem nicht an der Oberfläche. Er umschreibt in fürsorglicher Schmähung die Schrulligkeiten seines halbwüchsigen Sohnes, betont dabei aber, dass dieser nicht im Vortrag vorkommen möchte, was der Vater selbstverständlich beherzigt, vorher aber noch ein wenig in der merkwürdigen Jugendsprache seines Nachwuchses redet und damit einen surrealen Moment der respektvollen Missachtung schafft.
Doch auch sein eigenes Inneres offenbart der Wortkünstler facettenreich, gibt Einblicke in sein Seelenleben, verrät die Namen der Präparate, mit denen er sich aufgrund seiner massiven Flugangst ruhigzustellen pflegt und packt auch sonst ganz schön aus, sorgt mit seiner unterschwelligen Unberechenbarkeit für volle Aufmerksamkeit in den Reihen des bis zum letzten Platz ausgebuchten Saales.
Torsten Sträter im Circus Krone: Die kleinen grauen Zellen müssen ganz schön arbeiten
Man könnte Stecknadeln fallen hören, würde es rhetorische Pausen im Referat geben, doch die kommen ja gar nicht vor. Gebannt hängen die Menschen an den Lippen des Mannes mit der übergroßen Mütze, die er irgendwann abnimmt, quasi zur Untermalung der unverfrorenen Seelenschau der Leichtigkeit.
Stil und Ausdrucksform Sträters sind einzigartig, sein Geist arbeitet so blitzschnell, dass sein unfassbarer ausgelassener Frohmut von den Hirnen der Zuhörerschaft an manchen Stellen des Programms nur in Ansätzen aufgenommen werden kann, weil die Pointen und Situationskomiken in solch hoher Geschwindigkeit verabreicht werden, dass die kleinen grauen Zellen ganz schön arbeiten müssen bei diesem Input.
Mit schwirrenden Sinnen und tosendem Applaus verabschieden die Münchner Sträter
Die Mischung aus klugen Gleichnissen, lausbübischen Wortspielen und vorlauten Anmaßungen, die aber stets im nächsten Satz grazil revidiert werden, um dann noch einen draufzusetzen, ist epochal.
Auch hebelt er jegliche Bedrohlichkeit künstlicher Intelligenz aus, indem er Gleichnisse formuliert, die nur ein wacher Geist und niemals eine Maschine erdenken kann, speiste man sie auch mit noch so vielen Informationen. Kein Computer der Welt brächte ohne fremde Hilfe Sätze zustande wie "Der Geschmack einer Grapefruit sagt dem Konsumenten, dass diese Frucht nicht verzehrt werden möchte" oder "Lutsch mich rund und nenn mich Bärbel".
Mit schwirrenden Sinnen und tosendem Applaus verabschieden die Münchner den wunderbaren Komiker Sträter und werden noch lange zehren von diesem famosen Abend des ungebremsten Vergnügens.
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