So war Samy Moussas Oper "Vastation" im Carl-Orff-Saal

Niedertracht in der Haartracht: Samy Moussa wagt in „Vastation“ politisches Musiktheater bei der Münchener Biennale
Robert Braunmüller |
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Nach vielen Münchener Biennalen für Neues Musiktheater vermisste diese Zeitung Politisches. Dass bei dem einer „zweiten Moderne“ verpflichteten Festival die Minimal Musik nach US-Vorbild verpönt ist, wunderte uns zwar weniger – aber es war doppelt schade, weil etwa John Adams in „Nixon in China“, „Death of Klinghoffer“ oder „Doctor Atomic“ mit Hilfe dieses Stils aktuelle und zeitgeschichtliche Themen sehr glücklich auf die Opernbühne gebracht hat.

Doch nun wurde der Traum mit Hilfe des koproduzierenden Theaters Regensburg wahr, und wir erwachten im Carl-Orff-Saal mit leichten Kopfschmerzen. Samy Moussa hat sich für seine Oper „Vastation“ den Minimalismus anverwandelt. Er lässt über bewegten, tonalen Klangflächen wie in der guten alten Oper singen. Chöre, eine moderne Rarität, gibt es auch. Die Präsidentin (Vera Egorova) sang ein Lamento, das auch aus einer Barockoper hätte sein können. Das Böse erkannte man nicht nur an den seltsamen Frisuren, sondern auch an gestopften Trompeten.

Moussas Musik hat fraglos dramatischen Biss. Und sie langweilt nicht. Heikler ist die erzählte Geschichte: Toby Litts Text handelt von einer charismatischen Präsidentin, die zur Rettung ihrer Macht einen kleinen Angriffskrieg anzettelt. Dabei kommt – Meta-Ebene, ick hör dir trapsen – eine akustische Neutronenbombe namens „The Song“ zum Einsatz. Kollateralschäden bleiben nicht aus, weshalb die Dame am Ende erst von ihrer fiesen Tochter und zuletzt von einem Militärdiktator abgelöst wird.

Laubsägearbeit

Leider passt der Musik-Minimalismus kaum zu Litts bravem Konversationsstück. Die mythische Überhöhung, die Adams’ Opern so aufregend macht, fehlt. Und die Figuren wurden leider mit der Laubsäge ausgeschnitten. Jede Kasperltheatervorstellung ist dagegen im Vergleich von Tschechow. Deshalb überschreitet der Abend gegen Ende, wenn die Intrige zuschnappt, vor lauter Klischees die Grenzen des unfreiwillig Komischen.

Die Regietheater-Veteranin Christine Mielitz erzählte das alles mit bestem Theaterhandwerk. Aber an den Anspielungen auf „Matrix“ merkt man auch: Diese Oper kommt zehn Jahre zu spät. Mindestens. Aber: Es war amüsant. Und das will im modernen Musiktheater wirklich was heißen.

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