"Salon Pitzelberger" in der Reithalle - die AZ-Kritik
So aufregend wie der Münchner Fasching: Das Gärtnerplatztheater spielt in der Reithalle den Offenbach-Einakter „Salon Pitzelberger“, das Eröffnungsstück von 1865
Hätte, hätte, Fahrradkette. Natürlich ist es irgendwie unfair, einer kleinen Produktion des Gärtnerplatztheaters hier zu einer kritischen Abfuhr auch noch ungebetene Ratschläge zu erteilen. Aber so verdruckst, wie „Salon Pitzelberger“ in der Reithalle gespielt wird, muss Jacques Offenbach nicht daherkommen. Das macht einen rechthaberisch, weil mancher Fehlgriff dieser Aufführung recht offensichtlich ist.
Dass die Regisseurin Magdalena Schnitzler eine ältere Bearbeitung des originalen „Monsieur Choufleri“ nicht noch weiter zu einer Revue aufgebrezelt hat, geht in Ordnung. Vom unvermeidlichen Can-Can als Einlage in Form eines Streit-Terzetts einmal abgesehen, konzentriert sich die Aufführung auf die allzumenschliche Geschichte des kulturbeflissenen Neureichen, der teure Gesangsstars zu einem Privatkonzert einlädt.
Leider spielt die Inszenierung dieses Einakters, der unter dem Titel „Eine musikalische Soiree in der Vorstadt“ vor 150 Jahren am Eröffnungsabend des noch immer in Sanierung befindlichen Stammhaus am Gärtnerplatz gezeigt wurde, irgendwo im Nirgendwo zwischen 1865 und 2016. Angeblich sogar in München. Aber man sieht und hört es nicht. Kein Schampus von Feinkost Käfer, kein Bussi-Bussi. Nicht mal ein Michael Graeter. Sondern nur ein beutelloser Staubsauger.
Wackere Kämpfer
Auf der Bühne der Reithalle wirken wackere Kämpfer des Rest-Ensembles. Holger Ohlmann könnte den Herrn Pitzelberger als verklemmten Pinsel spielen, der zuletzt seine Putzfrau Brösel heiratet. Oder auch als Bruder des protzenden Kleberfabrikanten Heinrich Haffenloher („Kir Royal“). Potenzial für beides hätte er. Aber die Inszenierung hält ihn irgendwo dazwischen.
Ann-Kathrin Naidu ist als Frau Petermann immer wieder mal kurz davor, ungehemmt loszuschwäbeln. Aber leider darf sie das nicht, obwohl das bei ihrem indischen Hintergrund komisch wäre. Frances Lucey spielt das Fräulein Brösel Kollegin angemessen gehemmt. Aber man wird den Eindruck nicht los, dass die Schluss-Pointe überzeugender wäre, wenn die beiden Damen ihre Rollen tauschen würden.
Zu Pitzelsbergers Party werden vergeblich berühmte Opernsänger erwartet, die in der Reithalle so ähnlich wie Placido Domingo, Anna Netrebko und Ivan Rebroff heißen. Wenn solche Namen fallen, möchte man diese Herrschaften auch parodiert sehen, wenn Pitzelberger, seine Schwester (Elaine Ortiz Arandes) und ihr Latino-Lover (Juan Carlos Falcon) notgedrungen selber den Part der abwesenden Stars übernehmen. Zu Offenbachs Donizetti-Parodie inszeniert Schnitzler lustlos einen Kostümschinken. Und der falsche Rebroff tritt nicht mal als falscher Russe auf, sondern als Türke mit Turban.
Die Ouvertüre klang noch etwas dick, dann renkte der Dirigent Jürgen Goriup den Tonfall ein. Das Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz sitzt auf der Bühne hinter einem überflüssigen Pavillon, der in der Inszenierung sonst nicht mitspielt (Bühne: Jessica Marquardt).
Diese Aufführung versucht weder aktuell böse zu sein, noch ist sie restlos nostalgisch. Offenbach, wenn man ihn denn spielt, wird oft unnötig überdreht. Das geht dann auch schief. Aber so unlustig wie der Münchner Fasching muss er auch nicht sein.
Noch einmal am Sa., 19.30 Uhr und So., 18 Uhr in der Reithalle, Heßstraße 132