Rea Garvey mit musikalischem Experiment in München
Anspannung beim Star. Fragezeichen beim Publikum. Ein Arena-Konzert mit Songs, die noch niemand jemals gehört hatte und erst im Herbst erscheinen? Rea Garvey, als alter irischer Hase im Showgeschäft, wollte mal etwas Neues probieren. „Ich liebe diesen Gedanken, dass das Publikum reinkommt und die Hälfte der Lieder nicht kennt“, sagte Garvey vor dem Auftakt zur „Halo“-Tour in der Olympiahalle. Das Experiment glückte, denn Garvey hat Charme und Zutaten, die auch mit unbekannten Songs funktionieren. Eine Show wie ein Abend am hintersten Tisch in der Ecke im Irish Pub. Es gab emotionales, private Geschichten, Spuren einer Stand-up-Comedy-Show und Musik zum Mitgrölen.

Ganz ins kalte Wasser schmiss der Show-Profi seine Fans nicht. In der Stadt, in der er seinen ersten Plattenvertrag unterschrieb, begann er im funkelnden Glitzerjackett und coolen weißen Sneakern mit „Free Like The Ocean“. Dieser Titel findet sich auf dem neuen geheimnisvollen Album, wurde aber schon vorab veröffentlicht und freudig von den Radiostationen ins Programm übernommen. Auch bei „Is It Love“ und „Kiss Me“ zeigte sich die nur halb gefüllte Halle textsicher.
Doch dann der Start zur großen Geheimniskrämerei. Die neuen Titel wurden im typischen Garvey-Style produziert. Eingängige Melodien, ein wenig angehaucht vom Sound von Ed Sheeran. Immer wieder getragen von Akustikgitarre, prominent platziertem Schlagzeug und dem Lieblingswort vom Iren: „Hey“ in allen Formen und Lautstärken.
Konfetti und Karaoke
Zwischendurch zeigte er sich weicher und emotional, wie beim Titellied der Tour „Halo“, welches er für seine Kinder schrieb. Untermalt von Konfettiregen und Songtext auf der LED-Wand zum Mitsingen wie in einer Karaoke-Bar. Inhaltlich besann er sich auf alte Stärken: Liebe in allen Variationen, Power und das Leben ist schön.

Qualitätsbeweis: Im Zuschauerrang sah man immer wieder Apps auf dem Smartphone aufleuchten, die unbekannte Songs erkennen sollten und zur Suche genutzt wurden. Klappte nicht. Es war wirklich eine exklusive Show, die auch Rockgröße Peter Maffay und Garveys Frau Josephine von der Tribüne beobachtete. Eine klug gewählte Setlist, in der auch die bekannten Hits wie „Wild Love“, „Oh My Love“ oder der Reamon-Song „Supergirl“ mit Akustikgitarre passend eingearbeitet wurden.
Dass der Star bodenständig geblieben ist und sich selbst und den ganzen Musik-Zirkus nicht zu ernst nimmt, zeigte sich immer wieder in den Zwischenansagen, die er selbstironisch und verschmitzt grinsend vortrug. „Ich habe ganz schön abgenommen, vor allem vier Kilo Haare“, als Anmerkung zu seiner neuen Vokuhila-Frisur.
"Vielleicht wirst du ja mal Rockstar"
Dem sechsjährigen Fan Finn, der sein erstes Live-Konzert erlebte und von seiner Mutter auf dem Arm im Oberrang ins Rampenlicht gebracht wurde, rief er aufmunternd zu: „Meine Mama hat das mit mir früher auch so gemacht, es war immer peinlich. Vielleicht wirst du ja mal Rockstar“. Als Belohnung widmete er Finn und wohl auch ein wenig der Mutter den unveröffentlichten Titel: „Together“.

Ganz klappte die Technik in Zusammenarbeit von Licht oder Videoleinwand noch nicht. Gerade zum Ende der Songs wusste der Lichttechniker nicht genau den Übergang zu regeln. Vergeben, es war die Generalprobe vor großem Haus. Garvey überspielte kleinere Pannen, in dem er mal Luis, den 19-jährigen Sohn vom Sound-Techniker, zum Trocknen der Bühne überredete oder tief pustend nach irischem Stepptanz zu „The One“ unter großem Gelächter durchatmete. Wäre das Experiment mit der neuen Musik schiefgegangen, hätte die Halle ihm wohl auch eine Zweit-Karriere als Comedian ermöglicht.
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