Opernfestspiele: Verdi gegen Wagner
La Fura dels Baus inszeniert das Spektakel „Verdi vs. Wagner“ während der Opernfestspiele auf dem Max-Joseph-Platz als einen gut gemeinten und etwas unsinnigen Schlagabtausch.
München - Mehr als ein Opernbesucher im Smoking würdigte das Spektakel auf dem Max-Joseph-Platz beim Verlassen des Nationaltheaters keines Blickes. Am Odeonsplatz, wo die Riesenfigur von Wagner aufgebaut wurde, befürchteten andere Passanten eine politische Demonstration und suchten das Weite. Die für ihre spektakulären Freiluft-Inszenierungen gefeierten katalanischen Spektakel-Spezialisten von La Fura dels Baus boten am Freitagabend im Auftrag der Bayerischen Staatsoper etwas Besonderes: Sie ließen zwei mehr als neun Meter hohe, an fahrbaren Kränen hängende Puppen mit Barett (Wagner) oder Zylinder (Verdi) durch die Münchner Innenstadt zum Nationaltheater bugsieren.
Auf dem Max-Joseph-Platz kam es dann zu einer Art Zweikampf der beiden vor 200 Jahren geborenen Komponisten. Die Staatsoper hatte zuvor im Internet dafür geworben, sich entweder für Wagner oder für Verdi zu erklären. Eine Zweidrittelmehrheit votierte für den Italiener. Viele Münchner fremdeln noch immer mit Straßentheater. Dennoch war der Platz vor dem Nationaltheater bei „Wagner vs. Verdi“ so voll wie bei „Oper für alle“ (die Staatsoper spricht optimistisch von rund 10000 Besuchern des Spektakels). Aber so recht wollte die Stimmung nicht zünden, weil sich die Musik der Tölzer wie Südtiroler Blaskapellen in der Weite des Raums verlor und sich das Duell der beiden musikalischen Giganten in einem Austausch von Platitüden verlor.
Und zum ultimativen Fight kam's auch nicht: Euterpe, die für die Tonkunst zuständige Muse, griff vom Fries des Nationaltheaters her schlichtend ein und verkündete salomonisch das Ergebnis: unentschieden. Und dann vereinigten sich die beiden Genies durch den Tausch ihrer Herzen und Hirne und zeugten weitgehend sinnfrei eine jener stets effektvollen Menschenpyramiden, die zum Markenzeichen von La Fura dels Baus geworden sind (Regie: Carlus Padrissa). Drumherum gab es ein bisschen Feuerwerk, eine Luftreiterin und ein Rheintöchteraquarium. Das alles wurde von den Anwesenden freundlich beklatscht. Dazu spielte das Polizeiorchester Bayern unter Johann Mösenbichler hochseriös Musik der Giganten sowie eine massentaugliche Apotheose des Münchner Komponisten Moritz Eggert.
Über all dies könnte man durchaus spotten. Aber wir verkneifen uns das, um das Positive zu loben: Denn es bleibt eine gute Idee, dass die Staatsoper als eine uns allen gehörende Institution immer wieder auf die Straße hinausgeht und auch jene anzusprechen versucht, die normalerweise keinen Fuß über ihre Schwelle setzen.