Oper "Akhnaten" im Ägyptischen Museum: "Das ist aber mal coole Musik!"
München - Die freie Operntruppe Opera Incognita bringt jedes Jahr Ende August in München an einer ungewöhnlichen Spielstätte meist eine selten gespielte Oper heraus. In diesem Jahr inszeniert Andreas Wiedermann "Akhnaten" von Philip Glass im Staatlichen Museum Ägyptischer Kunst an der Gabelsbergerstraße. Dort hat das Ensemble vor einigen Jahren bereits Verdis "Aida" aufgeführt.
AZ: Herr Wiedermann, ist "Akhnaten" wirklich unbekannt? Kürzlich stand die Oper auf dem Spielplan der Metropolitan Opera in New York.
ANDREAS WIEDERMANN: Das stimmt schon. In Deutschland wurde die Oper seit ihrer Uraufführung vor 38 Jahren in Stuttgart allerdings kaum nachgespielt. Live kann man die Oper derzeit nur bei uns erleben. Nächstes Jahr gibt es Aufführungen in Helsinki und an der English National Opera in London.
Wiedermann: "Einige Passagen werden in altägyptischer und akkadischer Sprache gesungen"
Für alle ägyptologischen Laien, denen der Titel nichts sagt: Worum geht es in der Oper?
Die Titelfigur ist der Pharao Echnaton. Er gilt als erster Monotheist der Gesichte, weil er sich von den traditionellen Kulten verabschiedete und den Gott Aton in Gestalt der Sonnenscheibe zum Gott einer Art Naturreligion über alle Götter Ägyptens erhob. Außerdem baute er eine neue Hauptstadt Achet-Aton, die Stadt der aufgehenden Sonne. Nach einiger Zeit schlugen die Traditionalisten zurück. Der neue Kult brach anschließend zusammen. Ob Echnaton, wie in der Oper, gewaltsam gestürzt wurde, ist unter Ägyptologen umstritten. Jedenfalls wurde die Erinnerung an ihn ausgelöscht, Achet-Aton wurde wieder verlassen.
Echnaton war wahrscheinlich der Vater von Tutenchamun.
Dazu gibt es verschiedene Hypothesen, darunter die, dass Echnatons Gattin Nofretete eine Zeit lang als Pharao regierte.

Welche Geschichte erzählt die Oper?
In Grundzügen den Aufstieg und Fall von Echnaton. Die Szenen haben Kapitelüberschriften wie "Das Begräbnis des Vaters", "Die Krönung" oder "Die Familie". Einige Passagen werden in altägyptischer und akkadischer Sprache gesungen. Aber es gibt einen Sprecher, der durch die Handlung führt und darauf hinweist, wie porös die Geschichte ist. Am Ende betrachtet eine Touristengruppe die Figuren wie man das im Museum tut. Glass versteht Echnaton als rebellischen Messias. Da melden wir Zweifel an - auch in Anlehnung an die heutige Sicht auf die historische Person.
Wiedermann: "Fast alle Figuren der Oper sind in der Sammlung vertreten"
Wie ägyptisch sieht "Akhnaten" bei Ihnen aus?
Die Machtsymbole erinnern an das alte Ägypten. Weil Philip Glass in seiner Oper eine Meditation über Zeit, Raum und das Werden und Vergehen von Gesellschaften geschaffen hat, haben wir uns für eine gewisse Zeitlosigkeit entschieden.
Hat das Ägyptische Museum Objekte aus Echnatons Zeit?
Fast alle Figuren der Oper sind in der Sammlung vertreten. Daher veranstaltet das Museum Sonderführungen zu "Akhnaten".
Philip Glass hat die Oper für ein großes Orchester komponiert. Wie viele Musiker spielen bei Ihnen?
Die reduzierte Fassung stammt ausnahmsweise nicht von unserem Dirigenten Ernst Bartmann. Sie kommt aus New York aus dem Umfeld des Komponisten. Es spielen drei Synthesizer und zwei Schlagzeuger.
Wiedermann über Minimal Music: "Sie fließt ohne Brüche dahin"
Sie haben im Raum für Sonderausstellungen bereits 2019 Verdis "Aida" inszeniert. Trotzdem ist das kein typischer Theaterraum.
Der Raum hat einen gewissen Fabrikcharme, etwas Klaustrophobisches oder die Anmutung eines Sarkophags. Die ganze Architektur des Museums erinnert an ein Grab - allein durch das Untergeschoss.
Philip Glass ist ein Vertreter der Minimal Music. Was muss man sich darunter vorstellen?
Sie besteht aus Strukturen, die sich in unzähligen Varianten unablässig wiederholen und fließt ohne Brüche dahin. Es gibt auch kaum dynamische Vorschriften. Minimal Music besteht aus monochromen Flächen und großen, etwa zehnminütigen Klangtableaus. Die können einen, wenn man sich darauf einlässt, in eine derwischartige Trance versetzen.
Manchmal reagieren typische Klassik-Hörer auf Minimal Music eher genervt.
Filmmusiken von Glass wie "Koyaanisqatsi" waren sehr erfolgreich. Seine Musik gibt dem Hörer viel assoziative Freiheit. Ich habe mit vielen Leuten über unser Projekt gesprochen und ihnen die Musik vorgespielt. Alle, die Oper hassen - und ich kenne viele Leute, die das tun - sagten mir: "Ach, das ist aber mal coole Musik!"
Premiere: diesen Samstag, 27. August, 19.30 Uhr im Staatlichen Museum Ägyptischer Kunst, Gabelsbergerstraße 35 (ausverkauft). Weitere Aufführungen am 31. August sowie am 2., 3., 7., 9., 10. und 16. September. Karten bei München Ticket, online, unter Telefon 089/54 81 81 81 und an den bekannten Vorverkaufsstellen