Nicht mehr die Budgets wie früher

Christophe Gördes von der Kammeroper München über die schwierige Lage freiberuflicher Künstler und die Premiere der "Heimlichen Ehe" im Hubertussaal von Schloss Nymphenburg 
Robert Braunmüller
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Der Regisseur Dominik Wilgenbus und die Dirigentin Johanna Soller (im Hintergrund) bei einer Probe im Hubertussaal von Schloss Nymphenburg.
Jakob Schad 4 Der Regisseur Dominik Wilgenbus und die Dirigentin Johanna Soller (im Hintergrund) bei einer Probe im Hubertussaal von Schloss Nymphenburg.
Proben für Cimarosas "Die heimliche Ehe" im Hubertussaal von Schloss Nymphenburg.
Jakob Schad 4 Proben für Cimarosas "Die heimliche Ehe" im Hubertussaal von Schloss Nymphenburg.
Proben für Cimarosas "Die heimliche Ehe" im Hubertussaal von Schloss Nymphenburg.
Jakob Schad 4 Proben für Cimarosas "Die heimliche Ehe" im Hubertussaal von Schloss Nymphenburg.
Proben für Cimarosas "Die heimliche Ehe" im Hubertussaal von Schloss Nymphenburg.
Jakob Schad 4 Proben für Cimarosas "Die heimliche Ehe" im Hubertussaal von Schloss Nymphenburg.

Private Theater trifft die Corona-Krise besonders hart. Die Kammeroper München, ein wichtiges Karriere-Sprungbrett für den frisch von der Hochschule kommenden Sängernachwuchs, bringt am Donnerstag trotzdem ihre jährliche Neuproduktion im Hubertussaal von Schloss Nymphenburg heraus. Gespielt wird Domenico Cimarosas komische Oper „Die heimliche Ehe“ in einer gekürzten, halbszenischen Fassung. Dominik Wilgenbus inszeniert, die musikalische Leitung hat Johanna Soller.

AZ: Herr Gördes, normalerweise passen 399 Besucher in den Hubertusssaal. Nun spielen sie vor 80 Besuchern. Wie groß ist das Loch in der Kasse?
CHRISTOPHE GÖRDES: Wir haben schon überlegt, ob es uns nicht billiger kommt, wenn wir die Produktion ausfallen lassen. Aber wenn wir nicht spielen, existieren wir nicht.

Wie finanziert sich die Kammeroper München?
Durch unsere Vorstellungen in München sowie Gastspiele in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Öffentliches Geld oder Subventionen erhalten wir nicht. Eine zweite Säule unserer Finanzierung sind Sponsoren, die dritte Säule seit Jahren unser sehr treuer Freundeskreis. Der hat uns in der gegenwärtigen Situation sehr geholfen. Dank dieser Hilfe können wir „Die heimliche Ehe“ spielen.

Können Sie Ihren Künstlern die gewohnten Gagen bezahlen?
Nein. Wir haben die Gagen der Sänger und Orchestermusiker etwa um die Hälfte gekürzt. Die Künstler waren dazu bereit, weil sie nach der langen Pause endlich wieder auftreten wollen. Die Mezzosopranistin Okka von der Damerau und der Tenor Daniel Behle haben uns außerdem durch kostenlose Meisterkurse für unsere Sänger unterstützt.

Sind die Kosten durch die Hygienemaßnahmen stark gestiegen?
Der größte Kostenfaktor ist das Personal für die Organisation des Zugangs zum Saal. Dabei helfen uns Ehrenamtliche aus unserem Freundeskreis.

Wie sieht Ihre persönliche Situation aus?
Wir alle sind gleichermaßen betroffen: Seit Mitte März gibt es keine Auftrittsmöglichkeiten. Einige von uns haben ein unterstützendes Elternhaus, andere haben staatliche Unterstützung bekommen. Einer unserer ständigen Musiker musste allerdings Grundsicherung beantragen. Man kann jetzt ein paar Monate durchhalten, aber dann muss etwas passieren.

Haben Sie andere Einkünfte?
Ich bin freischaffender Klarinettist, habe allerdings das große Glück, dass ich aus steuerlichen Gründen für ein Mini-Gehalt als Manager und Organisator bei der Münchner Kammeroper fest angestellt bin.

Gibt es für die „Heimliche Ehe“ noch Karten?
Ich war skeptisch, ob das Publikum wirklich Aufführungen in einem geschlossenen Raum besuchen möchte, aber wir waren innerhalb von vier Tagen restlos ausverkauft. Es gab auch Überlegungen für eine Aufführung vor 200 Besuchern unter freiem Himmel im Hof hinter dem Hubertussaal, aber wir wollten nicht täglich um das Wetter bangen. Vorstellungsausfälle und die Rückgabe von Karten hätten wir uns nicht leisten können.

Wie stark mussten Sie die Oper kürzen?
Dominik Wilgenbus hat die Rezitative durch einen Text ersetzt, der die Handlung erzählt und vorantreibt. Diese Rolle übernimmt Christine Ostermayer. Sie kann leider nicht an allen Abenden da sein und wird dann von Dominik Wilgenbus vertreten. In den Arien haben wir viele Wiederholungen gestrichen.

Wie szenisch ist halbszenisch?
Die Sänger stehen auf einem Laufsteg am langen Ende des Saals, um den geforderten Abstand von zwei Metern zwischen sich zu gewährleisten. Wenn zwei Liebende zueinander kommen, werden sie von Puppen vertreten, die von den Sängern geführt werden.

Ist es schwierig, sich eine Aufführung genehmigen zu lassen?
Wir mussten ein Hygienekonzept mit einem Bestuhlungsplan und einer Regelung für den Einlass erstellen. Das ist nicht ganz einfach, das von Null auf Hundert zu machen. Dieses Konzept haben wir beim Kreisverwaltungsreferat eingereicht. Erst nach der Genehmigung konnten wir den Saal mieten.

Wie schaut Ihre persönliche Perspektive für das kommende halbe Jahr aus?
Wir haben noch ein Gastspiel für Mitte Dezember in der Nähe von Köln. Ich rechne allerdings damit, dass es abgesagt wird – wie alles andere bis in den März hinein. Ich verhandle derzeit mit Veranstaltern für die Zeit danach. Da höre ich aber oft Sätze wie „Wir haben nicht mehr die Budgets wie früher, weil die Stadt wegen sinkender Steuereinnahmen ihren Kulturetat gekürzt hat. Wir würden Sie gerne engagieren, aber nicht mehr zu den alten Konditionen.“ Und das ist bitter, gerade jetzt.
  
Die Premiere am Donnerstag um 19.30 Uhr im Hubertussaal von Schloss Nymphenburg ist bereits ausverkauft, ebenso die 10 Folgevorstellungen bis 13. September. Infos unter kammeroper-muenchen.de und bei münchenticket

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