Musical "Die Päpstin" im Deutschen Theater: Am Anfang war der Heilige
München - AZ-Interview mit Dennis Martin: Der Komponist (47) ist seit 1994 als professioneller Musiker tätig, er arbeitete unter anderem mit Richie Blackmore, Meat Loaf und Howard Jones zusammen.
Die Geschichte von Johanna, die sich als Mann ausgibt und vom einfachen Mönch bis zum Papst aufsteigt, begeisterte in Deutschland Millionen, sowohl in der Romanversion von Donna W. Cross als auch in der Kinoverfilmung von Sönke Wortmann. Martin hat 2011 eine Musical-Version des Stoffes herausgebracht, die zwei Jahre später auch im Prinzregententheater zu sehen war.
Nun zeigt das Deutsche Theater eine neue Inszenierung des Stoffes aus dem Festspielhaus Neuschwanstein mit den Songs von Dennis Martin.
"Ich habe die Arbeit damals ehrlich gesagt zunächst unterschätzt"
AZ: Herr Martin, Sie haben einen seltsamen Einstieg in das Musical-Genre genommen.
DENNIS MARTIN: Das stimmt. Ich bin wirklich zu dem ganzen Genre gekommen wie die Jungfrau zum Kinde. Eigentlich war ich im Bereich Pop-Rock aktiv, hatte mein eigenes Tonstudio und als Sänger, Pianist und Produzent gearbeitet. Ich bin gebürtig aus Fulda und habe anlässlich des Jubiläums zum 1250. Todestag des Märtyrers den Auftrag erhalten, ein Musical über Bonifatius zu machen. Ich habe die Arbeit damals ehrlich gesagt zunächst unterschätzt, aber das Musical ist dann auf eine viel größere Resonanz gestoßen, als wir uns das je gedacht hatten.
Und dann wurden Sie Musical-Macher. Wann kamen Sie darauf, "Die Päpstin" zu komponieren, nachdem das Buch so einschlug oder nach der Verfilmung von Sönke Wortmann?
Das war ein pragmatischer Ansatz. Wir haben einen Stoff gesucht, der auch einen Bezug zu Fulda hat. Und in "Die Päpstin" gibt es eine tragende Episode, die im Kloster Fulda spielt.
Bei "Kolpings Traum" brauchte es Mut zum Spekulativen
Die Geschichte ist im 9. Jahrhundert angesiedelt. Spielt das für die Komposition der Musik eine Rolle?
Mit dem Mittelaltersujet spielen viele. Wir haben da ganz sicher keinen Anspruch auf musikalische Authentizität. Es gibt ein paar Anklänge, aber natürlich war es der Anspruch, ein modernes Musical zu schaffen.
Sie haben sich immer wieder ungewöhnliche Musical-Themen gesucht: "Friedrich - Mythos und Tragödie" oder "Kolpings Traum".
Gerade der katholische Sozialreformator Adolf Kolping war nicht einfach, weil er als Figur eher eine vergeistigte Lebensleistung erbracht hat. Das zu dramatisieren, stellt einen schon vor große Herausforderungen. Da muss man dann auch Mut zum Spekulativen haben, um ein spannendes Musical zu erzählen. Bei "Der Medicus". oder "Die Schatzinsel" war das wesentlich einfacher.
"Ich brauche die persönliche Anerkennung über das Publikum nicht mehr ständig"
Sie haben als Musiker und Sänger bei "Night of the Proms" auch den Applaus in ausverkauften Riesenhallen genossen. Fehlt Ihnen das?
Das kann ich gar nicht sagen. Ab und zu bin ich in kleinem Rahmen noch als Musiker auf der Bühne. Das ist mal ganz schön, aber ich brauche die persönliche Anerkennung über das Publikum nicht mehr ständig. Es genügt mir, wenn ich das bei der Premiere meiner Musicals erlebe.
Dennis Martin über die Zusammenarbeit mit Chris de Burgh
Ihr nächstes Projekt ist "Robin Hood". Wie kamen Sie denn auf Chris de Burgh als prominenten Mitarbeiter?
Ich habe im Zuge der Recherchen für Robin Hood, zu dem es ja keine dezidierte Vorlage gibt, sondern nur vage Legenden, auch "König Johann" von Shakespeare gelesen. Da kommt ein Hubert de Burgh vor und tatsächlich ist das ein Vorfahre von Chris. Ich wusste, dass er vor ein paar Jahren mal gemeinsam mit Michael Kunze ein Musical machen wollte, zu dem es aber dann nicht kam. "Robin Hood" war nun der Anlass, ihn zu kontaktieren und er war dann auch schnell Feuer und Flamme für dieses Projekt. Die Musik habe ich mit Chris paritätisch geschrieben, einige Songs auch gemeinsam. Wir arbeiten schon seit ein paar Jahren daran und bald beginnen die Proben. Am 3. Juni ist die Premiere in Fulda.

Das perfekte Musical? "Eine Zauberformel gibt es nicht"
Haben Sie inzwischen eine Formel entdeckt, wie man das perfekte Musical komponiert?
Nein, nach Schema F gehe ich nicht vor, das wäre schnell langweilig. Gerade in der musikdramaturgischen Geschichte habe ich mich weiterentwickelt. Aber eine Zauberformel gibt es nicht. "Die Päpstin" ist auch deshalb mein bislang erfolgreichstes Stück, weil das Buch ein unglaublicher Bestseller in Deutschland war. Und es gibt ein paar eingängige Songs, die - wie man mir berichtet - von vielen Schauspielerinnen bei Castings vorgetragen werden. Das zeigt auch, dass "Die Päpstin" inzwischen einen gewissen Stellenwert im deutschen Musical hat.
Wie packt man 800 Seiten in ein gut zweieinhalbstündiges Musical?
Das war ein Riesenproblem, denn ein Musical darf nicht zu lang sein. Man muss versuchen, dass Publikum auf der Sitzvorderkante zu halten und nicht tief zurückgelehnt im Sessel.
Wie lassen Sie sich inspirieren, verfolgen Sie noch aktuelle Popmusik?
Leider immer weniger, dafür kenne ich mich natürlich im Genre Musical inzwischen sehr gut aus. Da holt man sich schon Impulse, auch aus der Geschichte.
Welches neue Musical hat Sie zuletzt richtig umgehauen?
Es gibt viele Sachen, die mir aus ganz unterschiedlichen Gründen gut gefallen. Aber das letzte Stück, bei dem ich wirklich dachte, das ist der Hammer, war "Hamilton". Das ist jetzt auch schon wieder ein paar Jahre her. Das Stück ist auch deshalb so beeindruckend, weil es in dem Musical viele innovative Sachen zu sehen gibt. Die Verknüpfung von amerikanischer Geschichtsschreibung, Songwriting und HipHop hat mich wirklich geplättet. Das Musical soll ja in diesem Jahr in Hamburg aufgeführt werden, aber es wird sicher schwer, es für den deutschen Markt zu adaptieren.
"Die Päpstin" vom 6. bis zum 10. April im Deutschen Theater, Karten unter Telefon 55 234 444
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