Meckern beim Kaffeeklatsch: „Caffee, Cantate & Co.“ im Hofspielhaus
Natürlich ist es witzig als eine Art Pre-Opening des Bach-Fests 2025 die „Kaffeekantate“ singspielen zu lassen. Denn der gute, alte Bach war ja wirklich viel weltlicher, als es die klerikale Dauerklangwolke des Leipziger Kantors (1685 - 1750) vermuten lässt. Und dass die Kantate mit der Aufforderung „Schweigt stille, plaudert nicht“ losgeht, liegt daran, dass sie 1734 im Zimmermannschen Kaffeehaus aufgeführt wurde, wo es recht munter zuging: trinken, spielen, singen, lachen zwischen Kellnerinnen - und sogar Prostituierten.

Regisseur Dominik Wilgenbus hat dazu auch gleich ein paar Originalzitate der Zeit bereit, die er lässig vorträgt. Und in diesem Sinne ist das Hofspielhaus ein idealer Ort, hier „Caffee, Cantate & Co.“ zu inszenieren, weil der kleine Bühnenraum ja umzingelt ist von einer Bar und Theke, von Treppe, Bänken, Tischchen und Foyerräumen. Hier herrscht - auch durch die energetische Prinzipalin Christiane Brammer angeregt - eine sehr gesellige und feuchtfröhliche Atmosphäre.
Andererseits ist die winzige Bühne mit der niedrigen Betondecke für Musik akustisch viel zu trocken. Das Trio (am Flügel Stellario Fagone, Cello: Thomas Wollenweber und Geige: Anton Roters) und der Gesang schaffen hier eine klirrende Überakustik.
Das Manko wird aber durch Spaß wieder wett gemacht, denn es geht - fast operettenhaft - um einen Vater (Bariton: Torsten Frisch), der seine koffein-süchtige Tochter (Sopran: Anna-Magdalena Perwein) vor die Wahl stellt: weiterhin nur Kaffeerausch oder endlich einen Mann (Tenor: Luca Gotti)!?
Die Katze lässt das Mausen nicht, die Frau nicht den Kaffee
Und weil „die Katze das Mausen nicht lassen kann“, wie es nach einer halben Stunde im Schlussterzett heißt, aber eine Süchtige eben auch nicht die Droge, entscheidet sich die Frau für: beides!

Den „Türkentrank“, das „Teufelsgebräu“ gibt es dann gleich in der Pause mit verschiedenem, wirklich gutem, vom Hofspielhaus-Team selbstgebackenem Kuchen (alles inkludiert im Eintrittspreis).
Danach: Kaffeehausmusik im Sinne von Chansons, Schlagern und Liedern. Dazu hat Wilgenbus mehr oder weniger passende literarische Texte herausgegoogelt: von Kästners „Sachlicher Romanze“ über Peter Altenbergs „Kaffeehaus“ von 1918, in dem dieser Ort, wo man nicht zuhause ist, aber auch nicht an der frischen Luft, als Allerheilmittel gepriesen wird - egal ob man pleite ist, desillusioniert, Single, oder Menschenfeind.
Clowneske Riesenfliegen und Rüschenschürzen
So geht alles zwischen Klamauk und Reflexion über die Bühne, ist witzig, auch theatralisch komödiantisch beim Singen gespielt, aber eben auch ein bisschen beliebig. Und für manche der im zweiten Teil angestimmten Unterhaltungslieder sind die drei Stimmen zu klassisch, fehlt ihnen ein bisschen Gassen-Glaubwürdigkeit. Dabei sind alle Akteure in unschuldiges Weiß gekleidet - inklusive gerüschtem Bedienungsschürzchen beim „Fräulein“, und die Musiker müssen eine clowneske Riesenfliege aus Kaffeefilterpapier anlegen.
Und wie heißt es nach zwei Stunden inklusive großer Kaffeepause im Schlusslied „Kaffeklatsch bei Tante Linchen“ von 1948: „Hoch die Tassen, wer noch was zu meckern hat.“ Ja, Kritiker haben halt immer was zu meckern, denn das ist ihre Aufgabe. Aber viele der berühmten Kritiken von Kaffeehausliteraten und Journalisten sind ja in Kaffeehäusern entstanden.
Hofspielhaus, Falkenturmstraße 8, wieder an diesem Samstag und immer wieder sonntags, jeweils 15 Uhr, hofspielhaus.de, 35/30 Euro (mit Kaffee und Kuchen)
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