Kritik

"Magic!" im Prinzregententheater

Die Show führt vor, dass es auf komplexe Vorgänge keine einfachen Antworten gibt
von  Anne Fritsch
Ein Höhepunkt der Show istJosephine Lee aus Großbritannien.
Ein Höhepunkt der Show istJosephine Lee aus Großbritannien. © Josephine Lee

Es gab im gerade vergangenen Jahr ja so einige Sachen, die kaum zu glauben waren, mit dem Verstand schwer fass- oder erklärbar. Leider stellten sie sich jedoch nicht als meisterhafte Täuschung heraus, sondern als bittere Realität. Da ist es doch geradezu erholsam, in einer Zaubershow zu sitzen und ganz sicher sein zu können, dass all das, was da auf der Bühne geschieht, so unglaubwürdig es auch scheinen mag, nichts anderes ist als gut gemachte Tricks.

Seit Jahren findet zur Jahreswende im Prinzregententheater die Zaubershow "Magic - Zauber der Illusionen" statt. Und dieser Abend lässt einen angenehm staunend und rätselnd zurück. Auch diesmal führt Ed Alonzo pantomimisch stumm durch den Abend, verwandelt sich in dessen komisch-patenten Mittelpunkt, lässt mithilfe einiger Zuschauer einen massiven Holztisch über die Bühne schweben oder durchsticht einen Spiegel mit einem Regenschirm, ohne ihn zu beschädigen.

Der französische Magier Arno zaubert aus ein paar Tüchern einen ganzen Vogelschwarm: Chapeau!
Der französische Magier Arno zaubert aus ein paar Tüchern einen ganzen Vogelschwarm: Chapeau! © ME

Das internationale Ensemble, das sich um ihn versammelt, kann sich sehen lassen, auch wenn der Start ein wenig behäbig daherkommt. Das urbane Ambiente, das Domenico Toma mittels Videodesign auf den Hintergrund zaubert, ist einigermaßen beliebig, und leider überzeugen auch die virtuellen Graffiti-Sprühereien von Winston Fuenmayor wenig.

Vogelschwarm aus Tüchern, Tiere als Schattenspiele, Liebesgeschichte zweier Affen 

Immer wieder aber macht sich ein Gedanke im Publikum breit: "Das geht doch nicht!" Wenn der französische Magier Arno aus ein paar Tüchern einen ganzen Vogelschwarm auf die Bühne zaubert zum Beispiel: Bei den kleinen Exemplaren am Anfang ist noch irgendwie möglich, dass er sie in seiner Tasche versteckt hatte, aber als dann aus dem Nichts Vögel in goldenen Käfigen sowie zwei große Papageien auftauchen, werden alle Erklärungsversuche hinfällig. Chapeau!

Jeki und Ellie aus Südkorea wechseln in ihrer charmant-nostalgischen Choreographie so schnell und oft die Kostüme, dass es einen schwindelt. Hector Ruiz verschwindet als Schatten in der dünnen Wand eines durchscheinenden Kastens und holt aus derselben dann auch noch eine Assistentin hervor. Gar nicht magisch und doch zauberhaft erweckt er später im Schattenspiel die verschiedensten Tiere von Elefanten bis Giraffen zum Leben, erzählt mit seinen Händen die Liebesgeschichte zweier Affen.

Es gibt auch Magierinnen: Josephine Lee ist der Höhepunkt

Ein Höhepunkt aber ist sicherlich Josephine Lee aus Großbritannien, eine der wenigen weiblichen Magierinnen. Sie entfesselt sich nicht nur in atemberaubenden Tempo aus allerlei Ketten und hinterlässt ihren Kollegen an ihrer Stelle. Sie faltet auch eine Kollegin in eine unfassbar kleine Kiste und durchsticht diese mit allerlei Säbeln. Und schließlich zersägt sie eine Frau aus dem Publikum, schiebt Kopf- und Fußteil auseinander und dreht sie um ihre Achse.

Auch diesmal führt Ed Alonzo pantomimisch stumm durch den Abend, verwandelt sich in dessen komisch-patenten Mittelpunkt,
Auch diesmal führt Ed Alonzo pantomimisch stumm durch den Abend, verwandelt sich in dessen komisch-patenten Mittelpunkt, © EA

Nicht alle Tricks von allen an diesem Abend Beteiligten sind derart furios, doch ist hier definitiv genug dabei, das einen wirklich staunen und am eigenen Verstand zweifeln lässt. Regisseur Stefan Warmuth findet im Programmheft erstaunlich deutliche Worte für das, was diese Show und die Magie an sich für ihn bedeuten: "eine Einladung zum Staunen und ein Appell an Neugier und Offenheit, Neuem unbefangen zu begegnen".

Es ist ein durchaus zauberhafter Gedanke, die Magie als Mittel gegen zu einfache Antworten zu sehen. "Wir hören immer wieder von scheinbar einfachen Rezepten, aber genau diese vermeintlich simplen Lösungen sind es, die unsere Kreativität einschränken und damit wiederum auch in höchstem Maße unsere Freiheit gefährden." Die Angst vor dem Fremden nennt er sehr klar einen "Unsinn" und hofft, dass diese Show vielleicht dazu beiträgt, genauer hinzusehen und sich in einen Dialog zu begeben. Wie schön wäre das. A kind of magic.

Prinzregententheater, heute, 19.30 Uhr, Freitag, 15.30 und 19.30 Uhr, Karten ab 57,20 Euro

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