Leseabend zu NSDAP-Aufstieg von Christian Springer: "Das ist erschreckend aktuell"
Eigentlich streckt er gerade mitten in der heißen Test-Phase für sein neues Kabarettprogramm "nicht egal", das Ende Juni im Lustspielhaus zu sehen sein wird. Was aber für Christian Springer noch lange kein Grund ist, sich nicht auch noch in die Debatte um die Waffenlieferungen an die Ukraine einzuklinken, welche einige Kollegen wie zum Beispiel Gerhard Polt und die Biermösl Blosn unlängst per Unterschrift in der "Emma" abgelehnt haben, was Springer wiederum mit einem offenen Brief konterte.
Doch bei Springer scheint der Tag mehr als 24 Stunden zu haben, denn nun hat er auch noch die Initiative Erinnerungskultur angekurbelt und einen Leseabend im Volkstheater ins Leben gerufen, der sich mit dem Werden rechtsextremistischer Macht beschäftigt. Der Titel: "München vor 100 Jahren: Der Aufstieg der NSDAP". Was später die Hauptstadt der Bewegung werden sollte, war zuvor der Brutkasten des Rechtsextremismus.
"Mittel, Methoden und Mechanismen des Aufstiegs waren nicht neu"
Ein Dutzend Schauspielerinnen und Schauspieler (Udo Wachtveitl, Gitti Walbrun, Gerd Anthoff, Christoph Süß, Angela Ascher, Winfried Frey, Michael Grimm, Dietmar Holzapfel, Nikola Norgauer, Heinz-Josef Braun, Alex Liegl, Lila Schulz und Michael Altinger) haben sich um den Initiator Springer versammelt, um Texte der Zeit zu lesen, die erschreckend klar - und leider sehr aktuell - beschreiben, welches Unheil schon lange vor 1933 drohte.
Springer sagt: "Die Mittel, Methoden und Mechanismen des Aufstiegs der NSDAP waren nicht neu. Aber noch wichtiger: Sie sind nicht veraltet. Noch heute funktioniert vieles davon, wenn es um Extremismus geht. Versuchen wir es aufzuhalten!"
Die 20er-Jahre sind ja nicht nur die "Goldenen Zwanziger" inklusive weltweitem wirtschaftlichen Aufschwung gewesen, sondern auch ein Lehrstück für das Anwachsen von Rechtsextremismus, Intoleranz und Gewalt. "Die Machtübernahme der Nazis 1933 hätte es ohne den Nährboden in München nicht gegeben", so Springer, "eine Massenveranstaltung jagte die nächste. Inflation, Not und die Propaganda über den Ersten Weltkrieg, dazu die darauffolgende Revolution, waren die Köder. Der grassierende Antisemitismus diente als Brandbeschleuniger der Unmenschlichkeit. Der Aufstieg der NSDAP unter dem Schutz der Justiz und der massiven Geldzuwendungen war nicht mehr aufzuhalten." Ein Vergleich der 20er-Jahre mit heute verbiete sich jedoch, so der Kabarettist: "Wir kommen nicht aus dem ersten Weltkrieg, haben keine Hyper-Inflation und keine Fememorde. Aber welche Propagandamittel die Nazis verwendet haben: Das ist erschreckend aktuell."
Info-Abend für Schülerinnen und Schüler
Geschichtsvermittlung sei zu oft in Händen der "alten weißen Männer", findet Springer: "Unser Abend im Münchner Volkstheater ist der Startschuss für eine Videoreihe der gelesenen Texte, die in den sozialen Medien junger Erwachsener platziert wird. Hitler-Putsch in 20 Sekunden, geht das? Nicht gut. Aber die Alternative ist, es nicht zu tun."
Am Montag, 30. Mai, wird es deshalb auch einen Info-Abend in der Jugendkirche in Haidhausen geben. Der Eintritt für Schülerinnen und Schüler ist frei. Springer sagt: "Gelebte Erinnerungskultur ist quasi das Start-up für Demokratie und zivilgesellschaftliches Engagement."
Dienstag, 31. Mai, Volkstheater, 19.30 Uhr, Eintritt: 18 Euro