Komödie im Bayerischen Hof: Tom Gerhardt ist "Hausmeister Krause"
Tom Gerhardt ist entspannt: Er sitzt mit einer Tasse Cappuccino im Atrium des Bayerischen Hofs. Er ist keiner, den man zum Reden bringen muss. Er legt gleich los, spielt immer wieder Szenen und Figuren vor.
AZ: Die Serie "Hausmeister Krause" wurde ab 1999 gesendet, die Figur ist aber schon älter. Wie und wann ist sie denn entstanden?
Tom Gerhardt: Der Krause kam eigentlich von der Bühne, der ist schon 40 Jahre alt. Während des Studiums habe ich mit meinem Freund Konrad Kopper ein paar Chaosvorstellungen für Freunde, Freunde von Freunden und Freunde von Freunden von Freunden gemacht. Und wir haben gemerkt, wir konnten die Leute zum Lachen bringen. Aber es war nie der Gedanke, dass wir das jemals beruflich machen.
Aber die Figur gab es damals schon?
Ich habe mir damals ein paar Mark als Lokaljournalist dazuverdient, bin mit dem Mofa Vorort-Termine in Leverkusen abgefahren. Da war ich mal beim Trompetenchor, aber auch bei einem Dackel-Zucht-Verein. Dort bin ich einem völlig durchgeknallten Hundenarren begegnet. Sein ganzes Wohnzimmer war voller Hunde: Hunde auf den Aschenbechern, Hunde auf den Vorhängen und auf den Tassen. Von allen Seiten strahlten dich Hunde an. Als seine Frau hätte ich mich gefragt, was ich da jetzt eigentlich noch soll. Das war schon ein eindrucksvolles Erlebnis. Und der ist natürlich eingeflossen in den Hausmeister Krause. Wie auch ein Hausmeister aus meiner Studentenzeit, der sich wie ein kleiner Gott der Siedlung sah. Beim kleinsten Lärm stand er vor der Tür, aber er durfte natürlich am Sonntag bohren. Diese Selbstverständlichkeit und Selbstüberschätzung hat die Figur auch.
"Als Student war ich ein bisschen verbummelt"
Also setzte sie sich aus lebendigen Vorbildern zusammen?
Ja, nur dass ich sie natürlich in der Karikatur zusammengebracht habe, weil er ist natürlich over the top. Diese Figur war extrem spießig und verklemmt. Und da haben die ganzen Studenten natürlich ihr Feindbild erkannt und sich kringelig gelacht. Irgendwann haben wir unsere allerersten Aufführungen vor zahlendem Publikum in einem winzigen Kleinkunsttheater gespielt. Unter der Woche waren da auch mal sieben oder zwölf Leute im Publikum. Wenn am Wochenende mal 30 Leute da waren, sind wir danach in die nächste Kneipe und haben unsere Gage verfressen.
Sie haben zunächst Germanistik und Philosophie studiert. Wann kam der Punkt, an dem Sie beschlossen haben, doch die Schauspielerei zum Beruf zu machen?
Das ist eher so passiert. Ich konnte mir damals gar nicht vorstellen, dass man davon leben kann. Als Student war ich ein bisschen verbummelt und habe irgendwann den Faden verloren. Ich hatte viel zu wenig Geld und war zu schlampig, um guten Journalismus zu machen. Später habe ich dann hinter der Kulisse für Jürgen von der Lippe gearbeitet - und der hat sich dann tatsächlich unsere Aufführung im Kleinkunsttheater angeschaut. Damals war Tommie mit der Pudelmütze mein Markenzeichen. Der war so ungewohnt und irgendwie auch unmöglich, dass er irgendwie in die Comedy-Landschaft reingebrochen ist. Und Jürgen von der Lippe hat diese Szene dann in seine Fernsehsendung genommen.
Und das war dann der Durchbruch?
Irgendwie schon. Das war irgendwie das lustige Lumpenproletariat, sowas gab es damals im Fernsehen noch nicht. Tommie war auf eine fröhliche Art asozial und hat die Sprache der Straße gesprochen. Zum Beispiel hat er stotternd einen Rambo-Film nacherzählt wie so Jungs, die sich im Kino bei Actionfilmen anstoßen. Dieser Prollhumor hatte bis dahin brachgelegen, danach sind viele darauf angesprungen. Das hat einfach etwas Befreiendes. Diesen Typen steht das Wasser bis hierhin, aber sie lassen sich nicht unterkriegen und sind für jeden Spaß zu haben. Irgendwie genießen sie das Leben mehr als manch anderer, bei dem alles sortiert ist. Das ist die Botschaft: Bleib einfach cool, dann läuft es schon.

Wie ging es nach dieser Fernsehsendung weiter?
Ein paar Tage später hatte ich einen Auftritt irgendwo in der Walachei, bei Siegen. Und da waren dann auf einmal tausend Leute. Das war für mich völlig unwirklich. Ich dachte, wo kommen die ganzen Leute her? Das war Open Air, hinten waren so Burgmauern. Und da waren noch lauter Leute draufgeklettert, um zuzusehen, und haben Feuerzeuge angemacht. Ich dachte nur, so romantisch ist das jetzt auch wieder nicht, was ich hier erzähle.
Es kamen dann auch neue Figuren dazu.
Irgendwann hatte ich eine ganze Familie. Der Vater von diesem Tommie war der Hausmeister Krause. Dann kam noch die Mutter und die Schwester und so weiter. Ich bin fünf Jahre damit durch Deutschland getourt, bevor ich Kino oder Fernsehen gemacht habe. Die "Hausmeister Krause"-Serie haben wir dann mit Constantin Film in München gedreht.
Ein wilder Ritt durch die Emotionen
Was glauben Sie: Warum war und ist das alles so extrem erfolgreich?
Das hat eine ansteckende Freudigkeit. Man kann einfach Spaß haben und mal abschalten. Im Alltag gibt es genug Probleme. Da wollen die Leute einfach mal was anderes, eine kleine Auszeit. Und diese ganze Krause-Familie ist natürlich wirklich drüber und ziemlich crazy. Aber in ihrer ganzen Spießigkeit oder Verrücktheit sind sie trotzdem eine Idylle.
Obwohl Krause jetzt nicht unbedingt ein Sympathieträger ist…
Gar nicht. Krause besteht eigentlich fast nur aus Schwächen. Manchmal ist er wirklich ein Schlimmling: die kleinen Intrigen, die er immer anbahnt. Die Hintergedanken, die er hat. Wie er seinen armen Freund Herbert immer ausnutzt. Und wie er den Präsidenten in seinem Dackelklub stürzen will. All das.
Er ist ein ziemlich deutscher Charakter.
Urdeutsch. Er nimmt alles zu ernst, das Amt des Präsidenten in diesem lächerlich kleinen Dackelklub ist für ihn etwas wahnsinnig Wichtiges.

In dem Bühnenstück "Hausmeister Krause - Du lebst nur zweimal" wird aus den einzelnen Szenen eine abendfüllende Geschichte.
Genau. Man erkennt vielleicht am Anfang etwas, das man einmal im Fernsehen gesehen hat, aber danach geht es erst richtig los. Ein großer Rosenkrieg zwischen Dieter und seiner Frau. Das ist ein wilder Ritt durch die Emotionen, der berühmte Sturm im Wasserglas, wo sich aufgrund von kleinen Begebenheiten ein ganz großes Drama entwickelt.
Sie haben "Hausmeister Krause - Du lebst nur zweimal" inzwischen über 400 Mal an verschiedenen Orten aufgeführt. Was macht das mit Ihnen?
Auf der Bühne hat alles angefangen. Und auf der Bühne wird alles irgendwann einmal aufhören. Die Bühne ist natürlich der Ort, wo ich am meisten Spaß habe. Da wird das Adrenalin sofort weitergereicht. Live vor all den Menschen zu spielen, ist die Krönung. Für mich ist das natürlich auch nervenaufreibend. Krause fällt hin, taumelt, kriegt Herzanfälle, ist himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt, die kleinsten Kleinigkeiten sind für ihn so groß wie ein griechisches Drama. Da muss ich schon Gas geben. Der Krause wird mich wahrscheinlich verfolgen bis zum Lebensende.
Woher kam der Gedanke, nach der Serie und allem noch ein Theaterstück mit ihm zu machen?
Ich habe zeitweise gedacht, die Leute müssen sich doch jetzt sattgesehen haben an ihm. Während der Corona-Zeit habe ich überlegt, was ganz anderes zu machen. Aber dann hat mich eine Kioskbesitzerin ganz stürmisch gefragt, wann es endlich wieder was vom Krause gibt. Und da ist es mir wie Schuppen von den Augen gefallen: Die Leute warten darauf, also schreib’ ich ein Krause-Theaterstück. Und zwar eine neue Geschichte, aber mit allem, was Sie daran geliebt haben.
Also quasi ein Stück im Auftrag des Publikums?
So ist es. Das Publikum hat mich zurück auf die Erde gezerrt und gesagt, du schreibst jetzt nicht irgendwas in den Wind, du wirst uns jetzt bitte bitte den Krause geben. Und wenn es das Letzte ist, was du tust, wir wollen ihn einfach noch.
Premiere 16. Januar, 19.30 Uhr, weitere Vorstellungen bis 8. Februar, Di-Sa, 19.30 Uhr, So 18 Uhr, Karten unter % 29 28 10
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