Kit Armstrong spielt Hammerklavier
Kit Armstrong und die Akademie für Alte Musik mit Bach und Mozart im Prinzregententheater
Der Kritiker-Kollege ist erkrankt, ein Ersatzmann nicht aufzutreiben. Wohin nun? Zum späten Maurizio Pollini und seinem Fabbrini-Steinway, der bei seinen Klavierabenden bei Chopin und Knäckebrot seiner großen Vergangenheit nachhängt? Oder doch zu Kit Armstrong, der gestraft ist mit einem frühen freundlichen Lob von Alfred Brendel, das ihm wie ein Kainsmal an der Stirn klebt?
Auch Kritiker sollten dem Lustprinzip folgen. Armstrong spielte Hammerklavier, der klanglich reizvolle Vorläufer des modernen Konzertflügels. Und ein Pollini-Freund freut sich sicher im ausverkauften Herkulessaal noch über zwei Karten an der Abendkasse. Also zur Akademie für Alte Musik Berlin und dem 25-jährigen Multitalent ins nicht überfüllte Prinzregententheater.
Ein Musiker erklärt – und schon hört man alles anders
Am Anfang Mozarts Symphonie Nr. 1 – ein frisch forsches Werk im Zeitstil. Die Akademie für Alte Musik drängte nach vorn und bremste gleich wieder beim lyrischen zweiten Thema – eine lustvolle Achterbahnfahrt im historisch informierten Stil mit Kit Armstrong am Hammerklavier, das den Klang stilgerecht färbte, ohne ihn zu dominieren.
Armstrong glaubt an das Instrument: Er hat ein gelehrt-gediegenes Konzert für Streicher und Hammerklavier komponiert, das romantische Nocturne-Seligkeit mit kanonischer Strenge zusammenzwingt. Aber neun Reihen vom Instrument nimmt man leider nur noch ein Zirpen und Rauschen wahr und keinen Einzelton. Das gute Dutzend Streicher deckte den wackeren Solisten immer wieder zu.
Vor und nach der Pause noch eher düstere, absichtsvoll ungefällige Sturm- und Drang-Musik von Johann Christian Bach und eine Opernouvertüre – wieder mit Armstrong als nahezu unhörbarem Continuo-Spieler. Dann ergriff der Konzertmeister Bernhard Forck vor Mozarts „Jeunehomme“-Konzert KV 271 das Wort. Das Hammerklavier sei eine „zarte Seele“. Wenn man es in den Instrumentalstücken kaum vernehme, sei das Absicht, weil es nur den Bass unterstütze.
Und schon hörte man alles anders. Bei Mozart und noch mehr bei der Zugabe, einem Rondo von Carl Philipp Emanuel Bach, kamen die Stärken des Instruments richtig heraus: Jede Lage hat, im Unterschied zur modernen Klavier-Neutralität, eine ganz andere, der menschlichen Stimme angenäherte Farbe. Im Sopran brilliert das Hammerklavier, die Mittellage tönt warm und der Bass ist sonor wie ein Männerchor. Den Steinway vermisste man höchstens ein bisschen. Und Pollini, ehrlich gestanden, gar nicht.