Jubel für Bayreuther "Tannhäuser": Standing Ovations für Dirigentin
Bayreuth - Sie ist erst die zweite Frau am Dirigentenpult in der fast 150-jährigen Geschichte der Festspiele – nach Oksana Lyniv, die 2021 den "Fliegenden Holländer" auf dem Grünen Hügel dirigierte.
Die 58 Jahre alte Französin, die vor ihrem Wechsel ins Dirigentenfach als Opernsängerin berühmt wurde und Musikdirektorin des Atlanta Symphony Orchestra in den USA ist, hatte die spezielle Akustik im Festspielhaus direkt bei ihrem Debüt gut im Griff. Umsichtig, streckenweise vorsichtig, aber meist präzise und sehr gefühlvoll führte sie Sänger und Orchester durch den Abend.
Tannhäuser: Wenige Buhs fürs Regie-Team werden von Jubel und Bravo-Rufen übertönt
Tenor Klaus Florian Vogt, der die Titelrolle kurzfristig von dem erkrankten Stephen Gould übernommen hatte, kam zwar nicht an dessen Stimmgewalt und Emotionalität heran, wurde aber dennoch frenetisch gefeiert – ebenso wie Elisabeth Teige als Elisabeth, Ekaterina Gubanova als Venus und Markus Eiche für seinen ganz starken Auftritt als Wolfram von Eschenbach.
Die wenigen Buhs, die das Regie-Team um Tobias Kratzer abbekamen, wurden von Jubel und Bravo-Rufen übertönt. Kratzer hatte erneut an der Inszenierung, die von der Zeitung "Opernwelt" nach ihrer Premiere 2019 völlig zu recht als "Aufführung des Jahres" ausgezeichnet wurde, gearbeitet und Aktuelles eingebaut.
Karte mit der Aufschrift "Suche Brille": Es wird viel gelacht beim Bayreuther Tannhäuser
So beginnt sie mit einem Seitenhieb auf die diesjährige Bayreuther Debatte um den neuen, teils virtuellen "Parsifal" und die Tatsache, dass nur 330 Augmented-Reality-Brillen für rund 2.000 Zuschauer angeschafft wurden.
Während der Ouvertüre, bei der Tannhäuser, Venus und ihre beiden Begleiter (Drag-Queen Le Gateau Chocolat und Manni Laudenbach als Oskar Matzerath) im Wohnwagen ohne Rücksicht auf Verluste durch die Landschaft brettern, tun drei von ihnen das in einem Video-Einspieler nur auf Stühlen sitzend mit großen Brillen.
Tannhäuser soll 2024 erneut auf dem Bayreuther Spielplan stehen
Der Vierte im Bunde, Oskar, steht währenddessen bedröppelt neben einer Bank und hält eine Karte hoch mit der Aufschrift "Suche Brille". Es ist nicht der einzige Moment an diesem Abend, an dem laut gelacht wird im altehrwürdigen Festspielhaus.
Auch eine Szene, in der Venus und ihre Begleiter in das Festspielhaus einbrechen, um Tannhäuser zurückzuholen, wurde neu aufgenommen: Dabei treffen Oskar und Le Gateau in den Gängen des Festspielhauses auf Kratzer und seine Kollegen, die sich mit Rollkoffern, auf denen ein Hamburger Wappen klebt, davonmachen, auf einem weiteren Aufkleber aber versprechen, dass sie 2024 zurückkommen.
Festspielchefin Katharina Wagner kündigte an, dass der "Tannhäuser" – anders als zunächst geplant – wegen des Ausfalls während der Corona-Pandemie auch 2024 nochmal auf dem Spielplan stehen soll. Spätestens seit dieser fulminanten Wiederaufnahme ist klar, dass es ein großer Gewinn für die Festspiele im kommenden Jahr sein dürfte.
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